Auch Scholz, Zypries, Tiefensee und Wieczorek-Zeul fuhren mit Dienstwagen in den Urlaub. Ulla Schmidts gestohlene S-Klasse war nicht versichert.

Hamburg. Neben Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) haben mindestens vier weitere Minister aus der Bundesregierung ihre Dienstwagen im Urlaub genutzt. Wie eine Abendblatt-Umfrage in den Ministerien ergab, haben auch Arbeitsminister Olaf Scholz, Justizministerin Brigitte Zypries, Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee und Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (alle SPD) ihre Dienstlimousinen für Urlaube in Anspruch genommen, ohne dass sie dazu aus Sicherheitsgründen verpflichtet sind.

Verkehrsminister Tiefensee mache derzeit mit seinem Dienst-Audi A8 Urlaub im Brandenburgischen, teilte ein Ministeriumssprecher mit. Er fahre aber den Wagen selbst. Tiefensee habe sich für die Zahlung einer Pauschale entschieden und führe monatlich ein Prozent des Fahrzeug-Bruttolistenpreises an den Staat ab. Die gleiche Abrechnungsvariante wählte Arbeitsminister Scholz. Er fuhr mit seinem Dienstwagen laut Ministerium im vergangenen Sommer nach Südtirol. Auch er habe selbst am Steuer gesessen. Wie eine Ministeriumssprecherin vorrechnete, versteuert Scholz die private Dienstwagennutzung - mit Fahrer - mit monatlich aktuell 1888,87 Euro als geldwerten Vorteil. Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul hat sich bislang jeden Sommer mit ihrer Dienstlimousine in ihren niedersächsischen Urlaubsort Bad Pyrmont fahren lassen - auch in diesem Sommer, wie ihr Ministerium bestätigte. Sie habe den Wagen dann leer zurück nach Berlin fahren lassen und sich dann nach dem Urlaub wieder abholen lassen. Beide Hin- und Rückfahrten habe die Ministerin jeweils privat abgerechnet, so eine Sprecherin. Justizministerin Zypries nutzte laut ihrem Ministerium 2006 für einen fünftägigen Urlaub in Norddeutschland ihren Dienstwagen, den sie selbst gefahren habe. Auch diese Fahrten seien im Fahrtenbuch als privat ausgewiesen und versteuert worden.

Aus dem Familien- und dem Bildungsministerium hieß es, die Ministerinnen Ursula von der Leyen und Annette Schavan (beide CDU) hätten ihre Dienstwagen noch nie für Urlaube genutzt. Andere Ministerien machten keine Angaben zum Umfang der privaten Dienstwagennutzung der Minister.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) unterliegen wegen ihrer Ämter der Gefährdungsstufe 1 und müssen auch in ihren Urlauben ihre gepanzerten Dienstwagen und Personenschützer dabeihaben.

Während gestern die Kritik an Ulla Schmidt nicht abreißen wollte und erste Rücktrittsforderungen aufkamen, stellte sich heraus, dass der gestohlene Mercedes S 420 CDI nicht gegen Diebstahl versichert war. Es sei "gängige Praxis", die Fahrzeuge weder Teil- noch Vollkasko zu versichern, sagte eine Ministeriumssprecherin. Aufgrund der Vielzahl der Fahrzeuge sei dies kostengünstiger. Von der geklauten S-Klasse fehlt nach wie vor jede Spur. Schmidts Wagen war an der spanischen Mittelmeerküste entwendet worden. Der Wiederbeschaffungswert liegt bei etwa 100 000 Euro. Zum Einsatz kam der gestohlene Mercedes nur für die Fahrt zum örtlichen Bürgermeister. Für den Vortrag zur Gesundheitsversorgung vor deutschen Residenten gestern Abend wurde nun ein Leihwagen beschafft. Auf ein Ersatzfahrzeug aus Berlin sei verzichtet worden, so das Ministerium.

Gestern meldete sich erstmals die Ministerin zu Wort und wies die Vorwürfe als "Theater im Sommerloch" zurück. "Der Dienstwagen steht mir, auch aus Sicherheitsgründen, jederzeit zur Verfügung", sagte sie der "Aachener Zeitung". "Und wie jeder, der einen Dienstwagen hat, kann ich damit auch private Fahrten machen." Diese rechne sie privat ab und versteuere sie entsprechend. Das Ministerium habe vorab die Wirtschaftlichkeit berechnet. Vor einer Prüfung habe sie keine Angst, so die Ministerin.