Im Streit zwischen CDU und CSU über die Europapolitik haben sich die Fronten weiter verhärtet. Die CSU stellte eine Einigung mit der Schwesterpartei noch vor der Bundestagswahl erneut infrage.

Bad Staffelstein. "Das kann im September sein, muss aber nicht zwingend im September sein", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt zum Auftakt einer zweitägigen Klausur der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberfränkischen Kloster Banz. Nach dem jüngsten Europa-Urteil des Bundesverfassungsgerichts fordert die CSU, dass Bundestag und Bundesrat zu jeder EU-Entscheidung eine Stellungnahme abgeben können. Diese soll für die Bundesregierung grundsätzlich verbindlich sein. Die CDU mit Kanzlerin Angela Merkel an der Spitze will erreichen, dass das von Karlsruhe verlangte neue Begleitgesetz zum EU-Reformvertrag vor der Wahl steht.

Dobrindt sagte, die Inhalte stünden vor dem Zeitplan und anderen Erwägungen. Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer, die gestern an der Klausur teilnahmen, gingen auf den Streit nicht ein. Die Kanzlerin sagte nur allgemein, CDU und CSU führten ihre Diskussionen "im gegenseitigen Respekt und vor allem in dem Bewusstsein, dass Deutschland eine starke Union braucht und dass eine Union nur dann stark sein kann, wenn CDU und CSU gemeinsame Lösungen finden". Seehofer sicherte Merkel - ebenfalls ganz allgemein - die Unterstützung der CSU im Bundestagswahlkampf zu.

Dobrindt und Landesgruppenchef Peter Ramsauer machten aber klar, dass die CSU bei ihrer strikten Europa-Position bleibt. Die teils heftige CDU-Kritik wiesen sie mit dem Hinweis zurück, dass auch die CDU zu Oppositionszeiten im Jahr 2005 einen Gesetzentwurf mit der Forderung nach mehr deutschen Mitspracherechten unterstützt habe - unter Führung der damaligen Unions-Fraktionsvorsitzenden Merkel. Ramsauer betonte, dies sei eine "gute Grundlage". "Wir haben das wieder rausgeholt, was wir vor vier Jahren auch schon eingebracht hatten. Und das bindet uns gut zusammen innerhalb der Union."

Der Europa-Streit hatte heftige gegenseitige Attacken von Dobrindt und dem CDU-Europaabgeordneten Elmar Brok zur Folge. Brok warf Dobrindt vor, dieser habe "keine Ahnung". Daraufhin konterte Dobrindt: "Die Ahnungslosigkeit liegt definitiv bei Herrn Brok." Brok sei "einer der Gründe, warum viele Menschen ein ungutes Gefühl im Bauch haben, wenn sie an Brüssel denken". Brok konterte, gerade er habe für mehr Rechte der nationalen Parlamente gekämpft.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Norbert Röttgen (CDU), warnte davor, die Europapolitik machttaktisch zu missbrauchen. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sprach sich für eine Zweistufenlösung aus. "Wir sollten das Ziel haben, noch in dieser Legislaturperiode das Begleitgesetz zum EU-Vertrag zu ändern und damit die Ratifizierung des Lissabon-Vertrages zu ermöglichen", sagte er der "Saarbrücker Zeitung". Alles andere sollte in der nächsten Legislaturperiode diskutiert werden.