Das Konzept der Brüsseler Expertengruppe steht. Europas Bürokratie-Beauftragter Edmund Stoiber spricht von einem kostenlosen Konjunkturpaket.

Hamburg/Brüssel. Mitten in der Wirtschaftskrise können die deutschen Unternehmen auf Entlastung aus Brüssel hoffen. Eine Expertengruppe unter Leitung des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber wird in der kommenden Woche weitreichende Vorschläge zum Bürokratieabbau zusammenstellen. Wie Stoiber im Interview mit dem Abendblatt ankündigte, können die Firmen in der EU jedes Jahr insgesamt mehr als 40 Milliarden Euro sparen. Allein die deutschen Unternehmen könnten durch die Streichung hinderlicher Vorschriften jährlich um acht Milliarden Euro entlastet werden. Stoiber sprach von einem "kostenlosen Konjunkturprogramm".

Der frühere CSU-Chef, der seit 2007 an der Seite von EU-Industriekommissar Günter Verheugen (SPD) einen Plan zum Bürokratieabbau entwirft, will seine Arbeit in Brüssel am Mittwoch weitgehend abschließen. Er zeigte sich "optimistisch", dass die Vorschläge seiner Experten umgesetzt werden. Ein Teil des Konzepts hat bereits die Zustimmung der EU-Kommission und liegt dem Europäischen Parlament und dem Rat der Staats- und Regierungschefs zur Entscheidung vor. Das Abendblatt dokumentiert drei Beispiele aus dem EU-Plan:

- Bisher ist jeder Handwerksbetrieb, der Leistungen über eine Entfernung von 50 Kilometern hinaus anbietet, nach europäischem Recht verpflichtet, in seine Fahrzeuge digitale Tachografen (Einzelpreis: rund 800 Euro) einzubauen. Die Expertengruppe schlägt vor, die Entfernungsgrenze auf 150 Kilometer anzuheben. Entlastung für die Unternehmen in Europa: 150 Millionen Euro.

- Bisher müssen alle europäischen Firmen eine gesonderte Handelsbilanz für die EU erstellen. Errechnete Belastung: 5,7 Milliarden Euro. Stoiber fordert eine "Bagatellgrenze", die 80 Prozent der Firmen von dieser Pflicht befreit.

- Bisher werden Rechnungen von den Finanzämtern nur anerkannt, wenn sie auf Papier gedruckt sind. Künftig sollen auch Rechnungen berücksichtigt werden, die per E-Mail eingereicht werden. So könnten Europas Unternehmen rund 18 Milliarden Euro sparen.

Seinen Abschlussbericht will Stoiber im September an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso übergeben. Im Abendblatt forderte der frühere CSU-Chef die Brüsseler Behörde auf, einen "Normenkontrollrat" einzurichten, der neben bestehenden auch geplante EU-Gesetze überprüft.