Der flächendeckende Erfolg der Neonazis blieb aus. Aber die rechtsextreme NPD konnte sich in vielen Regionen und Städten offenbar dauerhaft stabilisieren.

Hamburg. Auch wenn der befürchtete Erfolg der rechtsextremen NPD bei den jüngsten Kommunalwahlen insgesamt ausgeblieben ist, konnten die Neonazis ihren Einfluss in vielen Regionen offenbar dauerhaft stabilisieren. "Dort sind es keine Protestwahlen mehr, sondern eine rassistische Gegenkultur etabliert sich", sagte Prof. Hajo Funke, Politikwissenschaftler der Freien Universität Berlin, im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt.

So holte die NPD in Mecklenburg-Vorpommern zwar mit 3,2 Prozent weniger Stimmen als zur Landtagswahl 2006 (7,3 Prozent), ist aber in neun der zwölf Kreistage mit je ein bis zwei Abgeordneten vertreten. In einer Gemeinde des Uecker-Randow-Kreises wurde sie mit 28,8 Prozent hinter der Linken (37,7 Prozent) zweitstärkste Kraft. "Wir beobachten, dass die NPD schnell auf hohe Ergebnisse kommt, wenn sie vor Ort über eine funktionierende Repräsentanz verfügt", sagt Professor Funke.

Um kleine Parteien nicht zu diskriminieren, galt bei den Kommunalwahlen in sieben Bundesländern erstmals nicht die Fünf-Prozent-Hürde. Davon konnten Freie Wählergruppen, aber eben auch die NPD profitieren: In Thüringen etwa entfallen 49 der 1036 zu vergebenden Mandate auf zuvor nicht berücksichtigte Parteien. 16 davon gewann die NPD und ist damit in allen Wahlkreisen vertreten, in denen sie Kandidaten aufgestellt hatte. In Sachsen kommen die Braunen bei insgesamt 2,3 Prozent auf 73 Sitze in den Gemeinden und haben damit ihren Einfluss dort verdreifacht. Ähnlich in Sachsen-Anhalt: Bei insgesamt weniger Stimmen ist die NPD in viermal so vielen kommunalen Parlamenten vertreten.

Auch in vielen Städten gelang der NPD ein Einzug ins Parlament: In Saarbrücken, Leipzig, Trier und Erfurt sitzen nun ein bis zwei Rechte. Ihr Einfluss gilt jedoch als begrenzt – eine Fraktion zu bilden, die mit Ämtern und Mitsprache bei der Verwendung öffentlicher Mittel verbunden ist, erfordert mehr Mandate.

Eine breite Unterstützung der Braunen in den Regionen zeigt sich auch in den Bewerberzwahlen für NPD-Ämter: 18 000 Bundesbürger hatten sich angeboten, für die NPD bei den Kommunalwahlen anzutreten, viele von ihnen nach Erkenntnissen des Bundesverfassungsschutzes ohne Biografien mit erkennbar rechtsradikaler Vorgeschichte. Allein in Mecklenburg-Vorpommern waren doppelt so viele Kandidaten angetreten wie noch zu den Kommunalwahlen im Jahr 2004.

Laut Extremismus-Forscher Hajo Funke stehen demokratische Parteien in der Pflicht, den Bürgern in rechtsradikalen Hochburgen besser zuzuhören, um so Alternativen anzubieten. Offensichtlich kämen vermeintlich soziale Wahlversprechen der NPD gut bei den Wählern an. Zudem sei die Polizei gefordert, „entschieden und repressiv“ gegen gewaltbereite Untergruppen der NPD vorzugehen. Professor Funke: „Wir haben zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass diese Strategie gegen Rechtsradikale wirkt.“