FDP kritisiert Zulage als “volkswirtschaftlichen Unsinn“ und fordert ihre schnellstmögliche Abschaffung.

Berlin/Hamburg. Deutschlands führende Wirtschaftsforschungsinstitute prangern die Abwrackprämie für Altautos in ihrem Frühjahrsgutachten als "Beispiel für eine verfehlte Politik" an. Die Maßnahme habe Nachteile aus ordnungspolitischer wie aus konjunktureller Sicht, kritisieren die Forscher in ihrem gestern veröffentlichten Papier. Im kommenden Jahr werde es durch die Prämie zu einem Nachfrageausfall kommen, sodass sie für sich genommen zu einer zunehmenden Produktionslücke und einer Verschärfung der Rezession führe. Auch dürften aus der Subvention erhebliche Verwerfungen auf dem Automarkt resultieren, und die Auswirkungen für die Umwelt seien zweifelhaft.

Mittelfristig vermindere eine derartige Maßnahme das Niveau des Produktionspotenzials, "denn sie muss finanziert werden, was wohl über höhere (verzerrende) Steuern geschieht", heißt es in dem Gutachten. "Solche schädlichen Experimente sollten künftig unterbleiben."

Die FDP hat daraufhin die sofortige Abschaffung der Abwrackprämie gefordert. "Die Abwrackprämie gehört so schnell wie möglich abgewrackt. Sie ist ein volkswirtschaftlicher Unsinn mit fataler Wirkung", sagte Parteivize Rainer Brüderle dem Hamburger Abendblatt. "Es ist wie bei harten Drogen: Einem kurzen Rausch folgt ein langer und schmerzhafter Entzug." Mit Blick auf die Position der führenden Wirtschaftsinstitute verlangte Brüderle: "Die Bundesregierung muss die harte Kritik der Wirtschaftsinstitute an der Abwrackprämie beherzigen und dringend zur Vernunft kommen. Der Abwrackwahn muss aufhören!"

Deutschland wird die Rezession nach Berechnungen der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute frühestens Mitte 2010 überwinden. Mit einem Minus des Bruttoinlandsprodukts von 6,0 Prozent in diesem Jahr prognostizieren die Institute einen für die Bundesrepublik einmaligen wirtschaftlichen Einbruch. Auch 2010 erwarten sie mit minus 0,5 Prozent noch keine durchgreifende Erholung. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) konstatierte ein "klare Sprache" der Institute.

Die Vertreter der Institute machten bei ihrem gemeinsamen Auftritt in Berlin deutlich, dass entscheidend für eine Besserung die Lösung der internationalen Bankenkrise sei. Gelinge diese nicht, schließen sie auch eine "weltweite deflationäre Abwärtsspirale nicht aus". Die Arbeitslosigkeit wird der Prognose zufolge im Durchschnitt 2009 rund 3,7 Millionen Menschen treffen. Für 2010 werden sogar knapp 4,7 Millionen vorausgesagt. Die Arbeitslosenquote wird für dieses Jahr mit 8,6 Prozent und für das kommende Jahr mit 10,8 Prozent angegeben.

Der tiefe Produktionseinbruch im Winterhalbjahr 2008/2009 sei Auslöser für die erwartete Wirtschaftsentwicklung in diesem Jahr. "Das große Erdbeben in der Produktion liegt also hinter uns", beschrieb Kai Carstensen vom Ifo-Institut München die Entwicklung. "Vor uns liegen die Folgeschäden des Erdbebens." Die Abwärtsdynamik werde nachlassen, mit einer Stabilisierung sei aber nicht vor Mitte 2010 zu rechnen. In ihrer Prognose sagt das Gutachten unter dem Titel "Im Sog der Rezession" bis 2013 im Durchschnitt kein Wachstum voraus.

Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) appellierte im ZDF-Morgenmagazin an die Unternehmen, auf Entlassungen zu verzichten und auf Kurzarbeit zurückzugreifen. Der Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, Oskar Lafontaine, gab der Großen Koalition eine Mitschuld für den schlimmsten Einbruch in der bundesdeutschen Wirtschaftsgeschichte. Er forderte unter anderem mehr Geld für öffentliche Investitionen.