Die Lage in der deutschen Wirtschaft ist dramatisch schlecht. Wirtschaftsinstitute und Internationaler Währungsfond fürchten für dieses Jahr ein Minus von bis zu sechs Prozent. Für Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) ist gerade die große Koalition in Berlin ein stabilisierender Faktor in diesen Krisenzeiten.

Hamburg. Deutschland erlebt die schwerste Rezession seit Anfang der 30er-Jahre. Das geht aus neuen Prognosen der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute hervor. Nach ihrer Einschätzung wird die Wirtschaft in diesem Jahr um sechs Prozent schrumpfen. Die detaillierte Prognose soll heute in Berlin vorgestellt werden. Die Forscher rechnen dabei mit einem Verlust von mehr als einer Million Arbeitsplätzen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".

Ähnlich dramatisch fällt die Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus. Die Organisation erwartet ein Minus von 5,6 Prozent in diesem Jahr für die deutsche Wirtschaft. Fast kein anderes Industrieland werde so hart getroffen. DGB-Chef Michael Sommer warnte gestern: Sollte es Massenentlassungen geben, wäre dies eine "Kampfansage an die Belegschaften und die Gewerkschaften". Soziale Unruhen seien dann nicht mehr auszuschließen. Die Gewerkschaften forderten von der Regierung erneut ein drittes Milliardenprogramm.

Dieses Ansinnen wehrte die Bundesregierung umgehend ab. Nach einem Spitzentreffen mit Wirtschaft und Gewerkschaften stellte sie gestern in Berlin aber weitere Hilfen für Unternehmen und Arbeitsmarkt in Aussicht. Bei den Gesprächen im Kanzleramt wurde deutlich, dass ein Ende der Rezession und damit der immer neuen Herausforderungen für die Politik nicht abzusehen ist.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem "schweren Wirtschaftseinbruch", verwies aber darauf, dass die deutschen Konjunkturprogramme im Ausland stark beachtet würden.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) plädierte gemeinsam mit Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) für eine differenzierte Betrachtung der Lage je nach Branche und Region. Es gebe auch Hoffnungsschimmer. Allerdings werde die Lage auch 2010 kompliziert sein. Vor allem im Finanzsektor bleibe die Lage angespannt. Mangelndes Vertrauen innerhalb der Bankenbranche sorgt nach Steinbrücks Worten dafür, dass die Kreditvergabe in der Wirtschaft nicht richtig in Gang kommt.

Weiterhin ist die Regierung nach den Worten beider Minister bereit, über eine neuerliche Verlängerung des Kurzarbeitergelds von derzeit 18 Monaten zu reden. Auch könne darüber nachgedacht werden, dass die Bundesagentur für Arbeit Sozialversicherungsbeiträge stärker als bisher übernimmt, um Arbeitsplätze zu sichern.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) verwies angesichts der Wirtschaftskrise auf die Vorzüge der Großen Koalition. "Die Große Koalition hat bewiesen, dass sie mit der aktuellen Situation gut umgehen kann", sagte Zypries dem Abendblatt. SPD und Union repräsentierten weite Teile der Bevölkerung. "In einer Wirtschaftkrise, wie wir sie derzeit erleben, ist eine solch breite Basis von besonderer Bedeutung", sagte sie. "Außerdem sind wir im Kabinett gut aufgestellt."