Berlin. Die Bundesregierung streitet weiter über zusätzliche Impulse für die schwächelnde Konjunktur. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat deshalb für kommenden Sonntag ein Spitzentreffen zur Finanz- und Wirtschaftskrise angekündigt. Eingeladen sind laut "Bild"-Zeitung unter anderem Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD), Wirtschaftsminister Michael Glos, Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD). Kommen sollen auch Vertreter der privaten Banken, Landesbanken und Sparkassen und einige ausgewählte Wirtschaftswissenschaftler. Konkrete Konjunktur-Pakete sollen nicht beschlossen werden. "Ich bleibe dabei, mir alle Optionen offenzuhalten", sagte Merkel, "aber ich halte nichts davon, jeden Tag über eine andere Möglichkeit öffentlich zu spekulieren."

Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) war am Wochenende mit einem Milliardenprogramm zur Renovierung von Schulen und Hochschulen vorgeprescht. Gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" sprach Schavan von einem "ganz großen Treffer", den die Bundesregierung setzen könne. Sie veranschlagte die Modernisierung der 44 000 Schulen mit 4,4 Milliarden Euro, den Renovierungsbedarf der 350 Hoch- und Fachhochschulen bezifferte sie auf 15 Milliarden Euro. Das ganze Land, so die Politikerin, müsse in so einer Krise erleben, "dass wir unser Haus renovieren und für die Zukunft stark machen".

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sprach sich hingegen erneut für Steuersenkungen sowie eine deutliche Senkung des Krankenkassenbeitrags aus. Dieser Schritt sei "wirklich sinnvoll", sagte Glos der "Bild am Sonntag", da Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Rentner "schnell und spürbar" davon profitieren könnten: "Das hilft der Konjunktur." Zur Finanzierung schlug der Minister eine Erhöhung der Zuschüsse für den Gesundheitsfonds von vier auf 14 Milliarden Euro vor. Der einheitliche Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung beträgt mit Einführung des Gesundheitsfonds vom 1. Januar an 15,5 Prozent des Bruttolohns. Bis zum Sommer, so die Forderung von Glos, müsste zudem die sogenannte "kalte Progression" in der Einkommenssteuer beseitigt werden. "Die Steuersenkung könnte zum 1. Juli, aber auch rückwirkend zum 1. Januar 2009 wirksam werden", sagte er. "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg."

Auch CSU-Chef Horst Seehofer machte deutlich, dass Steuerentlastungen für ihn eindeutig Priorität vor weiteren Investitionsprogrammen haben: "Die Gleichen, die uns sagen, es gibt kein Geld für eine Steuerentlastung, machen jeden Tag einen Vorschlag, wie man Steuergeld in der ganzen Welt verteilen kann."

Während SPD-Chef Franz Müntefering im Gespräch mit dem Magazin "Focus" am Wochenende ein zweites Konjunkturpaket für das Frühjahr in Aussicht stellte ("Wir müssen uns konzentriert und konzertiert darauf vorbereiten, schnell und zielführend handeln zu können"), dämpfte Finanzminister Peer Steinbrück die Hoffnung auf konkrete Ergebnisse: "Der Deal gilt: Es wird nichts beschlossen", sagte der SPD-Politiker.

Am 5. Januar wollen die Koalitionsspitzen zu Beratungen über weitere Maßnahmen zusammenkommen. Der Druck auf die Koalition aus der Wirtschaft wächst indes weiter. Acht Top-Manager forderten am Wochenende im "Spiegel" Steuersenkungen, mehr Investitionen in die Infrastruktur und stärkere Forschungsförderung.

Der Bundesrat hatte am Freitag ein Paket beschlossen, von dem sich die Koalition bis zu 50 Milliarden Euro an Investitionen und die Sicherung von einer Million Arbeitsplätzen erhofft.

Indes ging auch die Debatte um die Ausgabe von Konsumgutscheinen in eine neue Runde. DGB-Chef Michael Sommer, forderte, an der Idee festzuhalten, die Gutscheine aber nur einem bestimmten Personenkreis zugute kommen zu lassen. So etwa Arbeitslosen, Hartz-IV-Beziehern und Rentnern. Ferner sollten Beschäftigte Gutscheine erhalten, deren Familieneinkommen 35 000 Euro im Jahr nicht überschreite. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) lehnten Konsumgutscheine hingegen erneut klar ab. Sie forderten ebenfalls deutliche Steuersenkungen.