Der Ex-Minister über Schwarz-Grün, die Folgen der Autokrise und Hilfen für den Rüsselsheimer Konzern.

Hamburg. Hamburger Abendblatt:

Seit acht Monaten regieren die Grünen in Hamburg jetzt mit der CDU. Hat Ihnen dieses Bündnis genutzt?

Jürgen Trittin:

Ob es uns in Hamburg hilft, wissen wir nach der nächsten Bürgerschaftswahl. Aber ich bin nach den Erfahrungen mit den schwarz-grünen Bündnissen in Kiel oder Köln zuversichtlich, dass wir profitieren, besonders wenn danach Rot-Grün herauskommt. Die Zusammenarbeit funktioniert, man hält sich an Verabredungen. Das ist längst nicht in allen Koalitionen üblich.



Abendblatt:

Ist Schwarz-Grün ein Modell für den Bund?

Trittin:

Wenn ich sehe, was die CDU/CSU umweltpolitisch macht, kann ich nur sagen: Das ist kein Koalitionsangebot an uns. Sie will den Atomausstieg rückgängig machen, den Atommüll verdoppeln. Dazu kommt der laxe Umgang des CDU-Innenministers mit Freiheitsrechten! Ich möchte den Trojaner Wolfgang nicht auf meiner Festplatte haben.



Abendblatt:

Ist die Schnittmenge mit der Linkspartei größer als mit der CDU?

Trittin:

Auf dem Papier gibt es viele programmatische Überschneidungen, in der Realität sieht es anders aus. In Berlin ist unsere Initiative zur Rekommunalisierung der Wasserbetriebe an der Linkspartei gescheitert, die außerdem die Sicherheitskräfte zur Bewachung städtischer Gebäude mit schäbigen fünf Euro pro Stunde abspeist. Vom Mindestlohn wollen die Linken nichts mehr wissen, wo sie regieren. Für uns ist so eine Partei kein attraktiver Partner. Allerdings glaube ich nicht, dass Lafontaine im Bund überhaupt mitregieren will, dem passt die Oppositionsrolle besser.



Abendblatt:

In Hessen wollten Sie mit den Linken kooperieren ...

Trittin:

... um wie versprochen Roland Koch abzulösen und eine soziale und ökologische Wende in Hessen hinzubekommen, wie sie im rot-grünen Koalitionsvertrag beschrieben ist. Leider ist das Projekt letztlich am schlechten politischen Handwerk der SPD gescheitert.



Abendblatt:

Kommen wir auf die Finanzkrise, die die deutschen Autobauer mit Wucht erreicht hat. Opel bittet den Staat um eine Milliarden-Bürgschaft. Wie sollte die Antwort aussehen?

Trittin:

Geld für Opel darf es nur geben, wenn das Unternehmen in der Folge aus dem Finanzverbund mit General Motors herausgelöst werden kann und es zu einer Teilverstaatlichung des Konzerns in Form einer europäischen Aktiengesellschaft kommt. Nur wenn der Staat mitredet, kann verhindert werden, dass die Gewinne wieder zum Mutterunternehmen in die USA abfließen.



Abendblatt:

Das Management in Detroit dürfte von dieser Idee kaum begeistert sein.

Trittin:

Die Firma hat ein akutes Liquiditätsproblem und wird sich an die Bedingungen halten müssen, die die Geldgeber formulieren. Dazu sollte auch die Verpflichtung zu Investitionen in hochmoderne, schadstoffarme Fahrzeugtechnologien gehören. Ich fordere außerdem eine radikale Kehrtwende in der Dienstwagen-Politik. Nur umweltverträgliche Autos dürfen in Deutschland steuerlich subventioniert werden. Davon würde Opel mit seiner Modellpalette sehr profitieren. Stattdessen plant Sigmar Gabriel eine unsinnige Kfz-Steuersubventionierung für Spritfresser. Als hätte die Autoindustrie Probleme, Lamborghinis abzusetzen.



Abendblatt:

Sie scheinen nicht sehr überzeugt von Ihrem Nachfolger im Umweltministerium?

Trittin:

Er vertritt die Traditionslinien deutscher Umweltpolitik schon ordentlich. Aber Sigmar Gabriel ist leider viel zu anfällig, wenn es um das Erfüllen der Wünsche der VW-Betriebsleitung geht.