“Die Anfeindungen haben mich an die Grenze meiner gesundheitlichen Belastbarkeit geführt.“

Hamburg. So lange hat sie standgehalten. Acht Monate ist sie mit aufrechtem Gang in die SPD-Fraktionssitzungen im Wiesbadener Landtag gegangen und hat die eisigen Blicke der Genossen ertragen, die Fragen, wann sie ihr Mandat niederlegen würde. Gestern hat Dagmar Metzger aufgegeben. Die "Verräterin", die "Heckenschützin", die "Schande für die Demokratie", wie ihre hessischen Parteikollegen sie nennen, wird für den nächsten hessischen Landtag nicht mehr kandidieren.

Die Welle der Verachtung, die über sie hereingebrochen ist, seit die Darmstädter Abgeordnete im März das erste Mal der SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti ihre entscheidende Stimme für eine von den Linken tolerierten hessischen Minderheitsregierung verweigerte, ist nun doch zu groß gewesen. In ihrer Mitteilung offenbarte sie am Freitag tiefe menschliche Abgründe in der hessischen SPD. "Die Anfeindungen, die ich in den letzten Wochen und Monaten aus meiner Partei ertragen musste, haben mich an die Grenze meiner gesundheitlichen Belastbarkeit geführt", teilte sie mit.

Ausschlaggebend war für Metzgers Entscheidung auch der Umgang mit den drei anderen Abweichler Carmen Everts, Silke Tesch und Jürgen Walter, die sich Anfang November an ihre Seite stellten. Gemeinsam verhinderten sie damit den zweiten Anlauf für eine von den Linken tolerierten Regierungsbildung. Nach Everts und Walter wurde am Freitag aber auch gegen Tesch ein Parteiausschlussverfahren eröffnet. Dafür lagen acht Anträge vor. Gegen Everts und Walter gibt es 13 Anträge. Der Parteivorstand entschied zudem, dass die beiden Abgeordneten wegen "der Schwere der Vorwürfe" alle Mitgliedschaftsrechte ruhen lassen müssen. Walter und Everts können damit nicht mehr bei der für Januar geplanten Neuwahl des Landtags antreten und verlieren ihr Antrags-, Rede- und Stimmrecht auf Parteitagen.

Doch Carmen Everts kämpft noch. Sie hat angekündigt, sich mit allen rechtlichen Mitteln zu wehren. Gegen Dagmar Metzger gibt es nur deswegen kein Parteiausschlussverfahren, weil sie schon seit März öffentlich zu ihrer Haltung steht. Die anderen drei hatten sie erst einen Tag vor der geplanten Wahl von Andrea Ypsilanti zur Regierungschefin ausgesprochen. Mehr als 10 000 Mails und 1000 Briefe - zu 90 Prozent zustimmend - hat Dagmar Metzger nach eigenen Angaben bekommen. Doch auch das hat ihr dann nicht mehr geholfen.