Ex-Bundesinnenminister Gerhard Baum (FDP) kündigt neue Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an.

Hamburg. Kaum hat sich der Streit um die Online-Durchsuchungen gelegt, sorgt ein anderer Passus aus dem entsprechenden neuen Gesetz für das Bundeskriminalamt (BKA) für Aufsehen. Erst jetzt ist vielen Politikern klar geworden, dass zur Abwehr von Terrorgefahren, wie berichtet, nicht nur das Abhören mit Mikrofonen, sondern auch das Ausspähen mit versteckten Videokameras möglich sein soll. Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhard Baum (FDP) kündigte daraufhin am Freitag eine neue Verfassungsklage an, da der "Inbegriff der Privatheit" auf dem Spiel stehe. Das Bundesverfassungsgericht hatte erst Ende Februar die Online-Durchsuchung unter strengen Auflagen für rechtmäßig erklärt.

Die Innenminister der Länder und des Bundes hatten sich auf ihrer Konferenz im brandenburgischen Bad Saarow am Freitag dennoch auf den Gesetzentwurf einigen können - wenn auch mit großen Bauchschmerzen der SPD-Minister. Sie hätten Widerstand geleistet, und es hätte eine Sitzungsunterbrechung geben, sagte Niedersachsens CDU-Innenminister Uwe Schünemann. Jede andere Entscheidung wäre nach seiner Ansicht aber ein "fatales Signal" gewesen.

Dennoch kommen weiter ablehnende Stimmen nicht nur aus der SPD, sondern auch aus der Union. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy, sagte dagegen, die "neuerliche Ausdehnung der BKA-Befugnisse" werde in der SPD-Fraktion auf Bedenken stoßen, wenn laut dem Entwurf zur Reform des BKA-Gesetzes dem BKA künftig neben der akustischen Wohnraumüberwachung auch das "Herstellen von Lichtbildern und Lichtaufnahmen" erlaubt werden.

Diese wird es dann aber nicht nur vom Verdächtigen, sondern auch "Kontakt- und Begleitpersonen" geben. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das gewollt ist und Gesetz werden soll, sagte auch der Vize-CDU/CSU-Fraktionschef Wolfgang Bosbach. "Wenn sich ein Verdächtiger telefonisch eine Pizza bestellt, dann ist der Pizza-Bäcker zeitlich befristet betroffen, wenn das Telefonat abgehört wird", sagte Bosbach. "Etwas ganz anderes ist es, wenn ich in die Wohnung eines Unbescholtenen eindringe und dort Wanzen oder Kameras installiere und den Raum auch dann überwache, wenn sich die Verdächtigen gar nicht dort aufhalten." Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz verteidigte dagegen das Vorhaben. "Wir haben bei dem BKA-Gesetz fast ausschließlich das abgebildet, was es in den Landespolizeigesetzen schon gibt", sagte der SPD-Innenpolitiker der "Braunschweiger Zeitung". "Deshalb gibt es auch mit dem Spähangriff keine verfassungsrechtlichen Probleme."

Auch die Gewerkschaft der Polizei begrüßte die Möglichkeit . Der Chef, Konrad Freiberg, sagte dem Abendblatt: "Das ist sinnvoll und erforderlich." Das hätten die Ermittlungen um die Terrorverdächtigen im Sauerland gezeigt. Dort konnten die Ermittler zwar die Garage, in der die Verdächtigen Sprengstoff mischten, abhören, was dort aber genau passierte konnten sie nicht sehen. "Diese Befugnis gilt nur bei konkreter Terrorgefahr. Dafür wird jeder Verständnis haben."