Hamburg. Schulen müssen sich auf eine verkürzte Zeit zum Abitur einstellen, sie sollen eigene "Profile" entwickeln, schwache Schüler integrieren, aber auch die Eliten fördern: Auf kaum einen Beruf prasseln zurzeit so viele neue Anforderungen nieder wie auf den des Lehrers. Da sorgt die neue Studie des Bildungsforschers Prof. Udo Rauin für Beunruhigung: Rund 30 Prozent der Lehramtsstudierenden bringen nicht die Motivation und die Berufseinstellung mit, die nötig und realistisch wären. Ein Grund zur Sorge?

Aus Sicht des Deutschen Philologenverbandes sind die Ergebnisse nicht neu. "Früher wurde der besonders gute Lateinschüler dann oft Lateinlehrer", sagt Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Philologenverbandes. Heute spielten bei der Berufswahl andere Überlegungen eine Rolle:

"Für Männer ist das Lehramt weniger attraktiv im Vergleich zu Karrierechancen in der Wirtschaft."

Für Frauen ist es hingegen attraktiv - wegen der Teilzeit-Möglichkeiten, um Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Heute sind laut Studie die Hälfte aller Lehrer Teilzeitkräfte.

Die Uni könne nicht auf die wirklichen Probleme der Praxis vorbereiten, sagt Meidinger. Viele Studierende erleben den Praxisschock erst im Referendariat. Eine Rückvernetzung zur Uni, um dort Schwächen noch zu beheben, gebe es aber nicht.

Der Philologenverband setzt sich daher für "Eignungskurse" vor dem Studium ein, einen betreuten Test, bei dem Anwärter intensiv beraten und über das Berufsbild ausführlich informiert werden.

Ähnliche Vorbereitungsphasen fordert auch die Lehrergewerkschaft GEW. Die Vorstellung, einfach aus der bisherigen Schüler-Erfahrung die Seite zu wechseln und die Lehrer-Rolle einzunehmen, sei zu einfach. "Wenn man erst mal im Referendariat ist und sechs Jahre in die Ausbildung investiert hat, ist es schwer zu sagen: Ich kapituliere, ich hab den falschen Beruf."

Beide Experten stimmen zu, dass Deutschland seine Lehrer schlecht behandelt. "Die Reputation des Berufs ist bei uns schlecht - verglichen mit dem Ansehen, dass Lehrer in Großbritannien oder Skandinavien genießen", sagt Meidinger. Eignungstests hingegen könnten zeigen: "Lehrer sein, das kann nicht jeder." Heute heiße es: Wenn alles andere nicht klappt, kannst du immer noch Lehrer werden.