Jeder Dritte geht in den Schuldienst, weil er Beamter werden will. Folge: eine hohe Stress-Anfälligkeit.

Hamburg. Dass Deutschlands Lehrer in der Regel Beamte sind, zieht genau die Falschen in den Beruf. Viele ungeeignete Studenten wollten aus einem Sicherheitsdenken heraus Lehrer werden. Das hat der Frankfurter Bildungsforscher Prof. Udo Rauin in einer neuen Studie herausgefunden.

Seine These: Ins Lehramt drängten nicht nur "geborene Erzieher", sondern auch "Hedonisten" und "Pragmatiker", die den Beruf vor allem wegen der vermeintlich geringen Anforderungen und der langen Ferien wählten. Zur Schadensbegrenzung fordert Rauin unter anderem eine bessere studienbegleitende Beratung für Lehramtsstudierende und die Abschaffung des Beamtenstatus für Lehrer.

Die Frankfurter Studie widerlegt außerdem die landläufige These, dass besonders engagierte Lehrkräfte auch besonders anfällig seien, im Beruf "auszubrennen".

Tatsächlich ist es umgekehrt: Laut Studie sind rund 60 Prozent der Lehrer, die sich dem Beruf nicht gewachsen fühlen, schon im Studium überfordert und wenig engagiert gewesen.

Rauins Forschungsgruppe im Fachbereich Erziehungswissenschaften der Universität Frankfurt/Main hatte 1100 Lehramtsstudierende in Baden-Württemberg mehrmals während ihres Studiums und später noch einmal im Beruf zu Motivation und Zielen befragt. Mehr als die Hälfte von ihnen gaben an, die Hoffnung auf ein überschaubares Studium und einen sicheren, wohnortnahen und familienfreundlichen Arbeitsplatz habe bei der Entscheidung für das Lehramtsstudium eine wichtige Rolle gespielt.

Die Forscher machten drei Typgruppen aus: 27 Prozent gehörten zu den "riskanten" Studenten, die ihre Befähigung von Beginn an sehr skeptisch beurteilen. 38 Prozent zählten zu den "Engagierten". Bei 35 Prozent überwogen pragmatische Motive bei der Berufswahl.

Insgesamt rund 25 Prozent der Befragten wollten eigentlich nie Lehrer werden. Für sie war die Studienwahl eine Notlösung, fast die Hälfte von ihnen brach das Studium dann auch nach wenigen Semestern ab.

Laut Rauin zeigt sich also schon früh, wer ungeeignet für den Beruf ist. Seine Forderung: Die Lehrerausbildung müsse mehr auf die "tatsächlich relevanten Kompetenzbereiche" von Lehrern abzielen. Bei den Referendariatsprüfungen müsse man "mutiger als bisher den Ungeeigneten den Zugang verweigern".

Und: Der Beamtenstatus der Pädagogen müsse endlich abgeschafft werden, "um wenigstens die schlimmsten Übel zu vermeiden".

Eine These, der Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Philologenverbands, und Marianne Demmer, Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, energisch widersprechen.

"Ich bestreite, dass sich an der Motivation zum Studium irgendetwas ändern würde, wenn Lehrer Angestellte wären", sagt Demmer.

Meidinger bestätigt aber, dass "es bei einem zu hohen Prozentsatz der Lehramtsstudierenden - etwa 30 Prozent - problematische Eignungsvoraussetzungen gibt". Diese Gruppe habe falsche Vorstellungen vom Berufsbild, "sie unterschätzen die Anforderungen an Kommunikationsfähigkeit, Selbstorganisation und Flexibilität, die Belastungen durch Stress".