Kommentar

Eine 22 Jahre alte Studentin, die ihr Leben noch vor sich hat, wird zum Pflegefall, in Sekunden, bei einem Unfall auf dem Hamburger Dom - das geschah im Jahr 1999. Unverständlich: Erst jetzt bekommt sie Schmerzensgeld von der Versicherung, nach einem jahrelangen Kampf. Ein zweites Mal wird sie so zum Opfer.

Natürlich haben Parteien in einem Zivilprozess das Recht, alles zu bestreiten. So, wie die Versicherung, die für den Fahrgestellbetreiber als Haftpflichtversicherer eintrat. Aber: Dass die Versicherung, die sogar den Unfall bestritt, jahrelang nicht zahlte, nun doch in einem Vergleich plötzlich nach vier Jahren eine halbe Million Euro Schmerzensgeld gewährt, das mutet zynisch an.

Und: Drei unterschiedliche Richter befassten sich im Laufe der Jahre mit dem Geschehen, eine unzumutbare Konstellation. Es ist ein bitteres Beispiel dafür, wie es in unserer Gesellschaft nicht laufen sollte. Kein Ruhmesblatt, weder für die Versicherung noch fürs Gericht, das immer neue Richter damit betraute.

Was wäre zu tun? In den USA verhindert das dortige bisweilen kritisierte Rechtssystem gezielt solche langwierigen Haftpflichtfälle: indem es Opfern vorzeitige höhere Ansprüche auf Zahlungen gewährt, wenn sich eine Versicherung oder andere Beklagte ethisch oder moralisch falsch verhalten, etwa im Prozess unkorrekte Fakten vorbringen. Eine Sanktionsmöglichkeit, die dem deutschen Recht guttäte - und den Opfern auch.