Kommentar

Im Sinne der Wiedervereinigung wäre es am besten, hat der ostdeutsche Schriftsteller Günter de Bruyn 1990 gesagt, wenn jeder Ostdeutsche eine Westdeutsche heiraten müsste und umgekehrt. Das war eine sehr gute Idee, aber leider nicht zu machen.

Tatsache ist, dass die gegenseitige Liebe in den Jahren des Kalten Krieges wohl eher platonisch gewesen ist und dass die Leidenschaft nach dem Rausch des Mauerfalls schnell wieder abkühlte. Weil das Einheitsleben Kraft und Geld kostete. Ist das schlimm? Nein, das ist der Alltag.

Acht Millionen Deutsche sollen sich am Wochenende den Fernsehzweiteiler "Die Frau vom Checkpoint Charlie" angesehen haben. Das ergreifende Melodram um eine Frau, der das SED-Regime die Kinder wegnahm, weil sie die DDR verlassen wollte. Acht Millionen waren offenbar ergriffen von dieser wahren Geschichte, die zu den leidgetränkten Grundsteinen gehört, auf denen am 3. Oktober 1990 die deutsche Einheit errichtet wurde.

Einer jüngsten Emnid-Umfrage zufolge sind 75 Prozent der Deutschen froh, dass die Mauer weg ist. 19 Prozent wünschen sie sich angeblich zurück. Da hätte man gerne mal die genauen Fragen gesehen. Denn dass einer freiwillig ins Gefängnis zurückkehren will, ist nur schwer vorstellbar. Es sei denn, es handelte sich um die alten Aufseher . . .

Vielleicht ist noch nicht überall zusammengewachsen, was zusammengehört, aber wir kommen uns näher. In einem Alltag, der jetzt schon siebzehn Jahre überstanden hat und in dem wir uns dumme Kränkungen wie "Besserwessi" oder "Jammerossi" längst abgewöhnt haben. Dass Menschen aus Weimar und Wuppertal zusammengehören, ist inzwischen eine schöne Selbstverständlichkeit.