Bundeskanzlerin Angela Merkel musste gestern ein Machtwort sprechen.

BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel musste gestern ein Machtwort sprechen. Mit deutlichen Worten mahnte sie vor allem ihre Parteifreunde, zu "Respekt vor dem Amt und der Person" von Bundespräsident Horst Köhler im Zusammenhang mit dessen Entscheidung über das Gnadengesuch von Ex-Terrorist Christian Klar. Köhler, der in dieser Woche seine Entscheidung bekannt geben will, war nach seinem geheimen Treffen mit Klar am Freitag vor allem von CSU-Politikern mit kritischen Mahnungen überhäuft worden. CSU-Generalsekretär Markus Söder soll sogar dessen Wiederwahl 2009 in Frage gestellt haben.

In einer gestern von Regierungssprecher Thomas Steg verbreiteten Erklärung machte Angela Merkel deutlich, dass nach dem Grundgesetz ausschließlich das Staatsoberhaupt das Gnadenrecht habe, und seine Entscheidung sei endgültig. "Ich habe keinen Zweifel, dass der Bundespräsident diese schwierige und umstrittene Frage nach sorgfältiger Prüfung mit großer Gewissenhaftigkeit treffen wird." Merkel rief dazu auf, "dass wir alle, gleichgültig wie der Bundespräsident am Ende entscheiden wird, das Votum von Horst Köhler respektieren". Einen ähnlichen Appell hatte zuvor auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) veröffentlicht.

Das Gespräch Köhlers mit Klar war die letzte Station seiner Entscheidungsfindung, nachdem er sich zuvor auch mit Angehörigen der Opfer, Ex-Fahndern und Juristen beraten hatte. Köhlers Sprecher Martin Kothe bestätigte die Zusammenkunft. Einzelheiten nannte er nicht. Dem "Spiegel" zufolge kam das Treffen auf Wunsch Köhlers am Freitag in Süddeutschland zustande. Klar wurde 1982 festgenommen und sitzt in Bruchsal bei Karlsruhe in Haft. Ohne Begnadigung kann er frühestens 2009 entlassen werden.

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber sagte über das Treffen in der "Welt am Sonntag": "Es kommt bei vielen Bürgern so an, als wende der Staat für Schwerstverbrecher und Demokratiefeinde mehr Fürsorge auf als für die Kleinen." Die Begegnung könnte von manchen wie ein später Sieg der Terroristen gedeutet werden, wenn der Staat so tue, als wären RAF-Mörder die besseren Mörder. Ähnlich äußerte sich FDP-Chef Guido Westerwelle in der "Bild am Sonntag": "Ich bin strikt gegen die Begnadigung des Serienmörders Christian Klar, der bis heute keine Reue zeigt und zu seinen Taten schweigt." Unions-Fraktionschef Volker Kauder kritisierte, Klar habe an der Aufklärung der RAF-Verbrechen nicht mitgewirkt.

Einem "Spiegel"-Bericht zufolge drohen führende CSU-Politiker damit, die Wiederwahl Köhlers zu blockieren. Söder bezeichnete demnach bei einer Klausurtagung der Landtagsfraktion eine Begnadigung als "schwere Hypothek" für eine Wiederwahl 2009. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) sagte, die Wiederwahl Köhlers stehe nicht an. "Allerdings würde es von dem großen Umfeld, das ich so kenne, als völlig unverständlich angesehen, wenn Klar jetzt begnadigt würde, wo so vieles noch nicht aufgeklärt ist."

Lammert forderte "mehr Respekt vor dem Amt, der Kompetenz und dem Urteilsvermögen des Bundespräsidenten". Es sei absurd anzunehmen, dass ausgerechnet das Staatsoberhaupt diesen Fall nicht so ernst nehme, wie es die Sache erfordere. Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil nahm Köhler in Schutz. Die Angriffe seien ein unfassbarer Vorgang und beschädigten die Autorität des Staatsoberhauptes. Söders Drohung sei unentschuldbar und als Nötigung zu verstehen.