ZERREISSPROBE Der FDP-Rebell setzt alles auf eine Karte - ein Duell um den Landesvorsitz in NRW. Gewinnt er, könnte Westerwelle stürzen.

Düsseldorf/Berlin. Der nordrhein-westfälische FDP-Landeschef Jürgen W. Möllemann stellt die Liberalen im Kampf um sein politisches Überleben vor eine der schwersten Zerreißproben ihrer Geschichte. Am 7. Oktober wird es zur Entscheidung kommen. Dann wird Möllemann auf einem Sonderparteitag des mitgliederstärksten FDP-Landesverbands die Vertrauensfrage stellen. Die Abstimmung wird zur innerparteilichen Kraftprobe, da der Herausforderer, Möllemann-Vize Andreas Pinkwart, vom Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle unterstützt wird. Gewinnt Möllemann, ist ein Rücktritt von Westerwelle nicht auszuschließen. Der FDP-Chef will erreichen, dass Möllemann auch den Parteivorsitz in Nordrhein-Westfalen abgibt. Sein Amt als Vize der Bundespartei ist der Fallschirmspringer aus Münster schon los, nachdem er den Antisemitismus-Vorwürfen, die es seit Juni gegen ihn gibt, mit einer Flugblatt-Aktion kurz vor der Wahl neue Nahrung gegeben hatte. Möllemann war allerdings gestern nicht bereit, die alleinige Schuld für das schwache Abschneiden der FDP bei der Bundestagswahl auf sich zu nehmen. Vielmehr kritisierte er Fehler in der Wahlkampagne. Die Plakate der FDP seien "dilettantisch" gewesen, zu wichtigen Themen wie Irak und Flutkatastrophe habe die FDP keine eigenen Akzente gesetzt. Gleichzeitig bot er Westerwelle aber auch die Versöhnung an und forderte ihn auf, "den punktuellen Dissens" zu überwinden. Möllemann räumte ein, das Flugblatt sei ein Fehler gewesen. Doch seien Westerwelle und er bis vor zwei Wochen "das Dream-Team" der Partei gewesen. "Ich will, dass wir das wieder werden." Kurz darauf aber veröffentlichte der "Stern" vorab eine angebliche Äußerung Möllemanns zu Westerwelle: "Er hat sich nicht getraut, Führung zu zeigen . . . Westerwelle ist einfach zu dünn." Möllemann bezeichnete das Zitat umgehend als "frei erfunden". Gegen den FDP-Rebellen hat sich nun sein Stellvertreter Andreas Pinkwart in Stellung gebracht. "Ich bin kampfbereit," sagte er. An an der Basis herrsche großer Unmut. Am Abend schlug sich auch Möllemanns zweite Stellvertreterin Ulrike Flach, die ihn bisher stets unterstützt hatte, auf Pinkwarts Seite. Sie begründete dies mit dem angeblichen "Stern"-Zitat. Westerwelle zeigte sich zuversichtlich, dass der Sonderparteitag den notwendigen Klärungsprozess bringen werde. Auch Möllemann gab sich kämpferisch. Der "stolze und große NRW-Landesverband" wolle keine Weisungen aus Berlin. "Ich werde nicht einen Millimeter nachgeben im Kampf um den Landesvorsitz", sagte er: "Er oder ich!" "Ich weiß, dass bei meinen Sprüngen manche nur so lange geklatscht haben, wie der Fallschirm noch zu war."