Berlin. "Dramatisch verändert" habe sich ihr Leben, seit es SMS gibt, gestand vor Jahren Angela Merkel bei ZDF-Talker Johannes B. Kerner. Sie tippe in Sitzungen Kurznachrichten in ihr Handy, simse sogar beim Kochen und lasse dabei gelegentlich "die Rouladen anbrennen".

Das wird inzwischen nicht mehr häufig passieren. Denn eine Bundeskanzlerin ist immer im Dienst, verbringt folglich weit weniger Zeit in der Küche als beispielsweise im Bundestag auf der Regierungsbank. Aber auch dort frönt Angela Merkel, wie gestern zu sehen, ihrer Leidenschaft, die sie mit Millionen Deutschen teilt. Die verschicken Jahr für Jahr mehr als 25 Milliarden SMS.

Viele Politiker treiben die Zahl mit nach oben. Und Angela Merkel ist keineswegs allein mit ihrer SMS-Begeisterung. Der frühere SPD-Chef und Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping verblüffte Beobachter mit der Schnelligkeit, in der er eine SMS ins Handy tippen konnte. Viele Politiker halten zum Ärger ihrer Oberen auch etwa Journalisten gern per Kurzmitteilung über den Verlauf interner Sitzungen auf dem laufenden. Simsen ist halt unauffälliger als telefonieren. Und Politik ist eben vor allem Kommunikation.

Das wußte niemand besser als Merkels Vorvorgänger Helmut Kohl. Der regierte seine CDU mehr oder minder per Telefon, klingelte gern bei Parteifreunden in der tiefsten Provinz an und war auch deshalb über die Stimmung an der Basis oft bestens im Bilde. Daß Kohl "simst", kann sich allerdings keiner vorstellen. SMS aber ist schneller als Telefonieren. Bloß, was nützt das? "Neue Kommunikationsmittel", sagt etwa der Kölner Professor Klaus Goldhammer, "beschleunigen zwar die Kommunikation, aber es werden immer mehr belangslose Dinge kommuniziert, so daß keine Zeit gespart wird". Und daß Politik im SMS-Zeitalter besser ist als davor, ist das etwa irgendwem aufgefallen?