Berlin. Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hat seine umstrittenen Äußerungen vor der Vertrauensabstimmung im Bundestag verteidigt. Er sehe kein verfassungsrechtliches Problem infolge seiner Rede, sagte Müntefering am Sonnabend bei einer Wahlkampfveranstaltung im niedersächsischen Nienburg. Er habe nur erklärt, die SPD wolle, "daß Gerhard Schröder Bundeskanzler ist und bleibt. Das ist in Partei und Fraktion unumstritten."

Müntefering hatte am Freitag im Bundestag erklärt: "Wir sind uns einig, daß der Bundeskanzler das Vertrauen der SPD-Fraktion hat und daß wir ihn weiter als Bundeskanzler wollen." Anschließend entbrannte eine Debatte, ob er mit dieser Aussage den Weg zur gewünschten Neuwahl eher verbaut habe. Denn Schröder hatte sich absichtlich das Vertrauen entziehen lassen, damit Bundespräsident Horst Köhler das Parlament vorzeitig auflösen kann.

Den Abgeordneten von SPD und Grünen hatte Müntefering vorgeschlagen, sich wie er selbst bei der Abstimmung über die Vertrauensfrage der Stimme zu enthalten. Dem Vorschlag folgten lediglich zwei Drittel der SPD-Parlamentarier und nur knapp ein Drittel der Mitglieder der Grünen-Fraktion.

Der Staatsrechtler Josef Isensee kritisierte die Äußerungen des SPD-Chefs: "Müntefering hat Schröders Rede ad absurdum geführt und seine Argumentation, es fehle ihm an Unterstützung, widerlegt", sagte der Professor der "Passauer Neuen Presse". Das werde der Bundespräsident mit zu bedenken haben. Dennoch geht Isensee davon aus, daß Köhler den Weg für eine Neuwahl freimachen wird.

Auch nach Ansicht von Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte hat Müntefering dem Kanzler mit seinen Äußerungen keinen Gefallen getan. Allerdings würde er nicht so weit gehen zu sagen, daß der SPD-Chef dem Bundespräsidenten die Zustimmung zu Neuwahlen erschwert habe.