Die Bundesregierung hat einer Zeitung zufolge vor gut einer Woche die Möglichkeit verstreichen lassen, die Geiseln an Bord des deutschen Frachters „Hansa Stavanger“ aus Piratenhand zu befreien. Die Regierung habe eine „Zugriffsoption“ durch Spezialisten nicht genutzt, berichtete die „Stuttgarter Zeitung“ unter Berufung auf Regierungskreise.

Ein Regierungssprecher wollte sich dazu mit Verweis auf die Zuständigkeit des Verteidigungsministeriums nicht äußern. Das Ministerium lehnte ebenfalls jede Stellungnahme ab. Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes bemüht sich nach Angaben eines Sprechers vom Sonntag weiter intensiv um die Freilassung der Geiseln.

Das Schiff war am 4. April rund 400 Seemeilen vor der somalischen Küste gekapert worden. Zu der 24-köpfigen Besatzung gehören auch fünf Deutsche. Alle 24 Seeleute seien wieder an Bord des Schiffes, berichtete die in Kenia ansässige Nicht-Regierungsorganisation Ecoterra. Trotz der "schwierigen Umstände" gehe es ihnen gut, hieß es. Sie waren in der vergangenen Woche an Land versteckt worden - offenbar als Reaktion auf die Befreiungsaktionen der französischen und amerikanischen Marine während des Osterwochenendes. Das Schiff liege nun vor der somalischen Hafenstadt Hobyo vor Anker.

Der Freikauf von Geiseln aus Piratenhand ist nach Darstellung eines Unterhändlers oft reiner Nervenkrieg. Der ehemalige FBI-Agent Jack Cloonan York sagte dem "Spiegel", die Piraten riefen Angehörige der Geiseln an und drohten mit Erschießungen, um den Druck auf die Reeder zu verstärken. "Sie feuern auch schon mal während eines Telefonats einen Schuss ab und erzählen, sie hätten gerade einen erschossen." Cloonan hat laut "Spiegel" im Auftrag von Reedereien mit seinem Team mehrere Schiffe freigekauft. Verhandlungen dauerten mitunter Monate, meistens würden sie per Satellitentelefon geführt.

Nach Lösegeld-Vereinbarungen sei Cloonan mit seinem Team auf einem Hochseeschlepper vom kenianischen Mombasa aus zu vereinbarten Koordinaten gefahren. Dem gekaperten Schiff habe sich dann jeweils nur noch ein unbewaffneter Mann im Schlauchboot genähert und das Lösegeld an der Bordwand übergeben. "Die Jungs stehen da oben, bis an die Zähne bewaffnet. Und du sitzt da unten in deinem Schlauchboot mit den Säcken." Üblich seien 100-Dollar-Scheine, abgepackt in Säcken zu je einer Million. Inzwischen werde das Geld aber auch mit Fallschirmen aus Flugzeugen abgeworfen - weil die Schlepper selbst zu Piraten-Zielen geworden seien.