Minister Schäuble verbietet NPD-nahe Gruppierung HDJ. Aber bei einer Partei sei ein solcher Schritt schwieriger. SPD-Politiker Stegner widerspricht. Bilder von Neonazis.

Berlin. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die "Heimattreue Deutsche Jugend" (HDJ), die er gestern verbieten ließ, "einen wirklich widerlichen Verein" genannt. Und hinzugefügt: "Wir werden alles tun, um unsere Kinder und Jugendlichen vor diesen Rattenfängern zu schützen."

Die HDJ hatte sich 1990 als Abspaltung des Bundes Heimattreuer Jugend gegründet und war nach Erkenntnissen des Bundesverfassungsschutzes fester Bestandteil der rechtsextremen Szene. Sie habe Kontakte sowohl zur NPD als auch zu neonazistischen Kameradschaften unterhalten, hieß es, an ihren Zeltlagern hätten ganze Familien teilgenommen. Die auf 400 Mitglieder geschätzte Organisation, die unter anderem "Heldengedenkfeiern" veranstaltete, stand schon lange unter Beobachtung der Behörden. Als im August 2008 ein HDJ-"Zeltlager" bei Güstrow aufgelöst wurde, trugen die Kinder und Jugendlichen trotz eines bereits 2007 verhängten Uniformverbots uniformähnliche Kleidung.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) begrüßte das Verbot der HDJ gestern und rief gleichzeitig dazu auf, den Kampf gegen den Rechtsextremismus zu verstärken. "Es ist richtig und wichtig, die vereinsrechtlichen Verbotsmöglichkeiten zu nutzen, die wir gegen den braunen Sumpf haben. Aber machen wir uns nichts vor, um ihn wirklich trockenzulegen, bedarf es weiterer Anstrengungen", sagte Zypries dem Abendblatt. Das Vereinsverbot lösche nicht automatisch das extremistische Gedankengut aus den Köpfen der Mitglieder. Man dürfe deshalb nicht nachlassen in der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung mit Antisemitismus, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. "Wir alle - Politik, Familie, Schule und Zivilgesellschaft - sind gefordert, Zivilcourage zu zeigen, aktiv für Toleranz und Pluralität einzutreten, um gerade jungen Menschen ein Vorbild zu geben und sie immun gegen rechtes Rattenfängertum zu machen", sagte die Ministerin weiter. Jeder könne durch sein Verhalten im Alltag deutlich machen, dass es "zu den unverbrüchlichen Werten unserer freiheitlichen Gesellschaft gehört, dass alle Menschen gleich viel wert sind und gleiche Rechte haben, egal wo sie geboren wurden, welche Hautfarbe sie haben oder welchem Glauben sie anhängen".

Das Verbot nach Paragraf 3 des Vereinsgesetzes wurde der HDJ gegen sechs Uhr morgens zugestellt. Gleichzeitig wurden in Berlin, Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen Wohnungen und Büros von führenden Mitgliedern der Organisation durchsucht. Dabei sollte das Vermögen des seit 1990 registrierten Vereins mit Sitz in Plön beschlagnahmt werden, wie das Ministerium mitteilte.

Das Verbot der HDJ hat eine Debatte um weitere Maßnahmen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus ausgelöst. Charlotte Knobloch, die Präsidentin des Zentralrats der Juden, nannte das Verbot ein "wichtiges Signal" im Kampf gegen die Feinde der Demokratie, forderte aber eine verstärkte Aufklärungsarbeit. Der Bundesinnenminister wies gestern den Vorwurf zurück, nicht schnell genug gehandelt zu haben: "Das Dümmste, was man machen kann, ist, mit rechtlich nicht einwandfreien Mitteln gegen die Rechtsextremen vorzugehen." Zugleich trat Schäuble weiter gegen ein NPD-Verbot ein. Für Parteien- und Vereinsverbote gebe es sehr unterschiedliche rechtliche Bedingungen.

Dem widersprach der schleswig-holsteinische SPD-Landesvorsitzende Ralf Stegner energisch. Stegner zum Abendblatt: "Das Verbot der HDJ ist ein ermutigendes Signal, ausreichend ist es aber nicht. Der SPD kommt es darauf an, den Kampf gegen Rechtsextremismus auf allen Ebenen zu verstetigen. Dazu gehört auch das Verbot von Verfassungsfeinden wie der NPD. Das sind Nazis, das sind Antisemiten, das sind Rassisten. Die Erkenntnisse, die es über diese Partei gibt, reichen aus, um ihre Verfassungsfeindlichkeit zu belegen."