Eine grundlegende Reform des Steuersystems wird voraussichtlich zu einem zentralen Thema des Bundestagswahlkampfs 2009: Nach der Union kündigte am Sonntag auch die SPD ein Konzept an, mit dem in der nächsten Legislaturperiode vor allem untere und mittlere Einkommen entlastet werden sollen.

Berlin. Die kurzfristigen Steuersenkungen zur Ankurbelung des Konsums blieben unmittelbar vor dem entscheidenden Koalitionsgipfel zum Konjunkturpaket dagegen weiter strittig. Zwar ist eine Anhebung des Grundfreibetrags von 7.664 auf 8.004 Euro inzwischen Konsens. Während die Union aber die Steuersätze insgesamt verschieben will, plant die SPD eine Senkung des Eingangssteuersatzes von 15 auf 12 Prozent. Eine Entscheidung wird wohl erst in der Spitzenrunde im Kanzleramt am Montagabend fallen.

CDU formuliert Grundprinzipien "einfach, niedrig, gerecht"

Unabhängig von den kurzfristigen steuerlichen Maßnahmen bereiten die großen Parteien bereits den großen Wurf vor. Die "Erfurter Erklärung", die der CDU-Vorstand am Samstag auf seiner Klausurtagung beschloss, enthält erste Leitlinien dafür. Die Einkommensteuer solle nach den Prinzipien "einfach, niedrig, gerecht" gestaltet werden, heißt es darin. "Ein Steuersystem mit niedrigen Steuersätzen fördert Leistung und Initiative und ermöglicht es, Vorsorge zur Absicherung von Lebensrisiken zu treffen."

SPD-Chef Franz Müntefering kündigte in der "Bild"-Zeitung an, dass seine Partei ebenfalls eine Steuerreform nach der Wahl anstrebe. "Steuersenkungen für Spitzenverdiener wird es nicht geben können - da machen wir den Bürgern nichts vor", sagte er. Zudem dürfe sich "der Staat nicht finanziell ausziehen", fügte Müntefering hinzu. "Er muss handlungsfähig bleiben, seine Zinsen bezahlen, seine Schulden abbauen." Den Vorstoß von Finanzminister Peer Steinbrück zur Senkung des Eingangsteuersatzes bezeichnete Müntefering als "logischen Einstieg" in eine breitangelegte Reform.

Union weist Steinbrück-Vorstoß zurück

Unionsfraktionschef Volker Kauder lehnte das Steinbrück-Konzept für Steuersenkungen im zweiten Konjunkturpaket klar ab. "Der Vorschlag von Herrn Steinbrück (hat) nach meiner Einschätzung bei der Union keine Chance", sagte er laut n-tv. "Eine Steuertarifdiskussion, die in eine Steuerreform hineinlaufen würde, das ist für uns nicht die Idee, das wollen wir auch nicht machen." Zudem stemmt sich die Union gegen das Vorhaben der SPD, den Spitzensteuersatz vorübergehend zu erhöhen. "Das wäre die falsche Botschaft", sagte Merkel der "Bild am Sonntag". "Steuererhöhungen sind jetzt wirklich nicht das Gebot der Stunde." SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier bestand allerdings weiter auf einer Belastung hoher Einkommen. Er halte es "nur für gerecht, wenn die stärksten Schultern in unserem Land auch etwas mehr tragen", sagte der Vizekanzler der "Passauer Neuen Presse".

Wulff vermisst Vorschläge zur Gegenfinanzierung

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff kritisierte im "Hamburger Abendblatt" den Mangel an Vorschlägen für die Gegenfinanzierung des zweiten Konjunkturpakets. "Ich sehe mit Sorge, dass man für dieses Paket offenbar ein Volumen von 50 Milliarden Euro ansteuert und gleichzeitig jeglichen Versuch der Einsparung an anderer Stelle unterlässt", sagte er. Er fürchte, dass sich die Große Koalition bei der Verschuldung an kommenden Generationen versündige. Die Menschen wüssten, dass eine Steuersenkung auf Pump die Steuererhöhung von morgen bedeute.