Schluss mit dem Zulassungschaos an Hochschulen: Berlin, Länder und Hochschulen haben sich auf ein einheitliches Zulassungsverfahren via Internet für Numerus-clausus-Fächer geeinigt. Sie legten in Berlin den 15. Juli als Bewerbungsschluss für das Wintersemester 2009/10 fest.

Berlin. Bund, Länder und Hochschulen wollen das seit Jahren kritisierte Chaos bei der Studienzulassung in Numerus-clausus-Fächern jetzt gemeinsam beenden. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) zeigte sich nach einem erneuten "Krisengespräch" mit Rektoren und Kultusministern am Dienstag in Berlin zuversichtlich, dass das neue Zulassungssystem via Internet zum Wintersemester 2011/2012 starten kann. Dies ist allerdings zwei Jahre später als ursprünglich geplant.

"International wird es künftig das modernste Verfahren sein", sagte Schavan. Die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Margret Wintermantel, sprach "von einem gewissen Durchbruch" nach den langen Auseinandersetzungen. Sie sei "sehr erleichtert", dass die Vorstellungen der Hochschulen angenommen worden seien.

Wer künftig ein Fach mit örtlichen Zulassungsbeschränkungen (NC) studieren will, muss sich wie bisher schon zunächst direkt bei seinen Wunschhochschulen bewerben. Die Hochschulen wiederum wählen dann aus der Gruppe der Bewerber ihre Studienanfänger nach eigenen Kriterien aus. Ein bundesweiter Datenabgleich soll aber die bisher häufigen Doppeleinschreibungen bei Mehrfachbewerbungen unterbinden. Frei gebliebene Plätze werden über eine Internet-Plattform vermittelt. Der Bewerber kann zudem mitverfolgen, welchen Rang er auf der Warteliste hat. Für jeden zweiten der 11 000 Studiengänge in Deutschland besteht inzwischen ein Numerus-clausus.

Wintermantel versicherte, sobald das System funktioniere, würden bundesweit auch alle Hochschulen mitmachen. In diesem und im nächsten Herbst sollen Übergangsregelungen greifen. Damit aber nicht wie in den Vorjahren durch doppelte Zulassungen bis zu 20 Prozent der Plätze unbesetzt bleiben, sollen die noch freien Angebote anschließend über verschiedene Internetbörsen vermittelt werden. Zudem wollten sich die Hochschulen bereits von diesem Herbst an bundesweit auf gemeinsame Bewerbungs-, Zulassungs- und Nachvermittlungsfristen verständigen.

Schavan sagte, das neue System unterstreiche das Auswahlrecht der Hochschulen, ermögliche aber auch Koordination und Ausgleich über die Internet-Plattform der Service-Agentur. "Damit wird künftig das unterbunden, was heute Chaos genannt wird." Wintermantel sagte, die Hochschulen seien sich "ihrer Verantwortung bewusst, dass sie ihre freien Studienplätze auch besetzen müssen." Sie hätten kein Interesse daran, sie frei zu lassen. Gleichzeitig wollten die Hochschulen ihre Anfänger aber auch selbst auswählen können.

Über das Modell hatte sich eine Arbeitsgruppe mit Staatssekretären der Kultusministerkonferenz (KMK), der HRK und der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) bereits in der vergangenen Woche verständigt. Die Kultusminister wollen das Konzept am Donnerstag in Stralsund beschließen. Im Gegenzug will sich Schavan für die Freigabe der Bundeshilfe bei den Entwicklungskosten für das neue System einsetzen. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte die bereits von der Regierung zugesagten 15 Millionen Euro nach Querelen zwischen HRK, ZVS und KMK kurzerhand gesperrt.

Schavan ließ allerdings offen, ob die ZVS, die heute fast nur noch Medizin-Studienplätze vermittelt, künftig wie geplant auch die Internet-Plattform für das neue System betreiben wird. Schavan hatte die ZVS mehrfach kritisiert und ihr die Schuld an den Zeitverzögerungen gegeben. Der Kultusminister von Sachsen-Anhalt, Jan-Hendrik Olbertz (parteilos), sagte dagegen, für die Länder stehe die ZVS und ihr Umbau in eine Service-Agentur der Hochschulen "nicht zur Disposition". Sie habe eine Schlüsselverantwortung. Wenn sie dieser nicht gerecht werde, würden ihre Strukturen umgebaut.

Der Deutsche Philologenverband übte Kritik. Sollte sich das bisherige Zulassungschaos im Herbst fortsetzen, werde sich die Gymnasiallehrerorganisation "an einer konzertierten Kampagne für eine bundesgesetzliche Regelung beteiligen".