Polnischer Botschafter kritisiert Konzept für Vertriebenenzentrum. SPD-Fraktionschef Struck fordert Merkel zum Handeln auf.

Berlin. Der deutsch-polnische Streit um die Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach hält unvermindert an und belastet das Matthiae-Mahl, bei dem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) heute in Hamburg auf den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk trifft.

Der polnische Botschafter in Deutschland, Marek Prawda, erneuerte unmittelbar vor dem Festessen im Rathaus die Kritik Polens an der Nominierung Steinbachs für den Beirat des geplanten Zentrums gegen Vertreibungen. Er sagte im ZDF, es gebe eine Kontroverse über "eine gewisse Tradition" und über die Glaubwürdigkeit der Urheber der in Berlin geplanten Gedenkstätte gegen Vertreibungen. Steinbach symbolisiere "diese Tradition, die sich um Versöhnung nicht sehr bemüht hat". Für Polen sei es problematisch, wenn man aus einer Kette der humanitären Katastrophe des Zweiten Weltkriegs nur einen Bestandteil herausnehme und das zur Grundlage einer europäischen Erinnerung mache, sagte Prawda weiter. Das Problem sei, wie man mit dem geplanten Zentrum leben könne. In diesem Sinn werde der polnische Ministerpräsident Donald Tusk am Freitag in Hamburg mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprechen.

SPD-Fraktionschef Peter Struck sprang Prawda bei. Er sagte am Rande einer Sitzung in Hamburg: "Ich erwarte von Frau Merkel, dass sie das Problem nicht durch Vertagen löst, sondern sich klar dazu bekennt, dass es um die deutsch-polnische Freundschaft geht." Diese lasse es schlicht nicht "nicht zu, dass Frau Steinbach in einem beratenden Gremium dieser neuen Stiftung ist".

Der Schriftsteller Ralph Giordano stellte sich in einem Gastbeitrag für das Hamburger Abendblatt indes klar hinter Steinbach, die "mehr als einmal" die Vertriebenen als "Opfer der Politik Hitlers" bezeichnet und "ausdrücklich betont" habe, dass der Bund der Vertriebenen keine Forderungen mehr an Polen stellt (siehe unten). Der Bund der Vertriebenen forderte ein Ende der "Medienkampagne" gegen Steinbach. "Wir finden die speziell in Polen verursachte Massenpsychose gegen Erika Steinbach unerträglich und durch nichts gerechtfertigt", erklärten die beiden Vizepräsidenten Christian Knauer und Albrecht Schläger. Sie forderten die Kritiker auf darzulegen, was ihre vehemente Ablehnung Steinbachs begründe.