Erster Auftritt für den neuen Frontmann beim Fest der klaren Worte in Passau. Seehofer kritisierte, dass eine Verkäuferin wegen 1,30 Euro rausgeworfen wurde, während Manager noch im Amt seien, die Milliarden verscherbelt hätten. Spott für die FDP, aber die Liberalen konterten schlagstark.

Passau. Mit dem Einzug des CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer in die Passauer Dreiländerhalle hat die CSU ihren Politischen Aschermittwoch eröffnet. Rund 3500 CSU-Anhänger aus ganz Deutschland begrüßten ihn mit Beifall, als er unter den Klängen des bayerischen Defiliermarsches zur Tribüne ging, Hände schüttelte und Autogramme gab.

Seehofer hat eine wachsende soziale Ungerechtigkeit in Deutschland kritisiert. Er verstehe es nicht, wenn einer Kassiererin wegen 1,30 Euro gekündigt werde und Manager, die Milliarden verscherbelt hätten, noch im Amt seien.

Die CSU wolle sich als "Anwalt für die redlichen Bürger und den gesunden Menschenverstand" profilieren.

Der CSU-Chef will die Bundesbürger über einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union abstimmen lassen. Europa brauche viel mehr Bürgernähe, begründete Seehofer seine Forderung. Wenn die Bundesrepublik Hoheitsrechte nach Brüssel abgebe oder neue Mitglieder aufnehme, sollte es auch in Deutschland wie schon in einigen anderen EU-Ländern ein Referendum geben. "Ich will, dass das deutsche Volk gefragt wird, ob die europäische Familie durch die Türkei vergrößert wird. Das soll das Volk entscheiden."

Zugleich forderte er die Änderung des Eurowahlrechts in Deutschland nach dem Vorbild der Bundestagswahlen: Statt einer einzigen bundesweiten Liste für jede Partei sollten die Wähler künftig Abgeordnete in ihrem Wahlkreis direkt wählen. "Es ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit, dass die Bevölkerung zwar eine Partei wählen kann, aber nicht die Frauen und Männer, die sie gern hätten", sagte Seehofer.

Zugleich machte Seehofer der CSU nach ihrer Wahlschlappe vom vergangenen Herbst Mut. "Die CSU ist wieder da." Mit Jubel begrüßte der Saal den neuen Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.

An der Kundgebung nahm auch Seehofers Vorgänger als CSU-Chef Erwin Huber teil, während Exministerpräsident Günther Beckstein Skiurlaub machte. Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber spricht auf einer eigenen Aschermittwochs-Kundgebung in Westfalen.

Der niederbayerische CSU-Bezirksvorsitzende Manfred Weber nahm in seiner Eröffnungsrede in Passau FDP-Chef Guido Westerwelle aufs Korn, der in einem Gasthaus in Passau redete. "Die CSU hat hier mehr ehrenamtliche Helfer im Einsatz, als Westerwelle insgesamt Zuhörer hat", sagte er. Der SPD warf er vor, bei der Bundespräsidentenwahl gegen Horst Köhler "mit den Kommunisten zu paktieren".

Die FDP konterte: "Die CSU hat noch viel Zeit zu verbringen im Trainings- und Therapielager, gerade was die personelle Neuordnung angeht", sagte die bayerische FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in Passau an die Adresse des Koalitionspartners CSU.