Zehntausende Fälle liegen bei den Gerichten, ein Urteil zu Hartz IV aber bewegt die ganze Republik: Verfassungswidrig ist die Leistungskürzung für Kinder. Denn: gegen das Gleichheitsgebot verstößt die Senkung des Betrages und ist außerdem willkürlich. Damit sind die Hartz-IV-Leistungen für Kinder von derzeit 211 Euro im Monat möglicherweise unzureichend.

Kassel/Berlin. Das Bundessozialgericht (BSG) hält die Vorschriften für verfassungswidrig und legte sie dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vor. Über die Höhe der Regelleistung entschied das BSG nicht. (Aktenzeichen: B 14/11b AS 9/07 R und B 14 AS 5/08 R).

Das sogenannte Sozialgeld von 211 Euro für Kinder bis einschließlich 13 Jahren entspricht 60 Prozent der Leistungen für alleinstehende Erwachsene. Fünf Kläger aus Dortmund und dem Landkreis Lindau am Bodensee hatten geklagt, weil die Regelleistung für Kinder das Existenzminimum nicht decke.

Darüber traf das BSG keine Entscheidung. In einer derart wichtigen Frage wie der Existenzsicherung hätte der Gesetzgeber allerdings den Bedarf von Kindern eigenständig ermitteln müssen und nicht pauschal von jenem alleinstehender Erwachsener ableiten dürfen. Das gebiete das Willkürverbot, die Menschenwürde, das Elternrecht und das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes, heißt es in dem Beschluss.

Außerdem bemängelte das Gericht, dass im Vergleich zu Kindern in Sozialhilfefamilien nicht dasselbe gelte ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. In diesen Familien können Kinder über den Regelsatz hinaus Sonderbedarf geltend machen. Schließlich fehlten Altersabstufungen, denn der Betrag für Kinder von 0 bis 13 Jahre sei immer 211 Euro. !(l,<) Nach dem gerade verabschiedeten Konjunkturpaket II sollen allerdings Kinder von sieben bis 13 Jahren 70 statt bislang 60 Prozent des Ecksatzes für alleinstehende Erwachsene bekommen: 246 Euro. Jugendliche ab 14 Jahren bekommen derzeit 80 Prozent: 281 Euro.

Für alleinstehende Erwachsene sind nach mehreren Urteilen des Bundessozialgericht 351 Euro monatlich ausreichend. Daran hielten die Kasseler Richter in ihrem neuen Urteil fest. Der Sprecher von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sagte, sein Ministerium werden den BSG-Beschluss ausführlich prüfen. Ein Teil der kritisierten Punkte sei bereits berücksichtigt worden.