Wie geht es den Opfern des Attentats heute?

Hamburg. "Dieser Tag wird nicht einfach", sagt Michael Esper. "Für uns ist es ein Familiengeburtstag, für andere wird es ein Trauertag sein." Heute vor einem Jahr entkam der 36-Jährige aus Bergkamen mit seiner Frau Andrea (35) und seinem Sohn Adrian (4) dem Terroranschlag von Djerba. Es war der erste Anschlag der Terrororganisation Al Kaida, der sich direkt gegen Deutsche richtete. Seitdem kämpft das Ehepaar Esper im selbst gegründeten "Deutschen Opferschutzbund Djerba" für Hilfe und Unterstützung für Anschlagsopfer. Niemand sei auf diese Fälle vorbereitet, sagt Michael Esper. Eigentlich sollte es ein fröhlicher Urlaubsausflug werden. Für 21 Touristen, darunter 14 Deutsche, endete er jedoch tödlich. 17 verletzte Deutsche leiden unter den Folgen von zum Teil schwersten Verbrennungen. Schuld daran ist der 24 Jahre alte Tunesier Nizar Ben Mohammed Nawar. Der Selbstmordattentäter zündete einen mit Gasflaschen beladenen Kleinlaster vor der Al-Ghriba-Synagoge. Eine Feuerwalze rollte durch das heilige Gebäude. Michael Esper zog seinen Sohn in letzter Sekunde aus dem Feuer. Seitdem lebt der kleine Junge mit 50 Prozent Verbrennungen am Körper. Aber er lebt. Esper selbst hatte nur Verbrennungen an den Händen und Füßen, seine Frau blieb unverletzt. "Unser schönes Leben hat sich seitdem komplett gedreht", sagt Michael Esper. Das Attentat von Djerba bestimmt das Leben der kleinen Familie. 22 Operationen hat der kleine Adrian schon hinter sich. Wie viele noch kommen werden, ist ungewiss. Für Michael Esper ist der Opferschutzbund zur großen Aufgabe geworden. 50 Mitglieder hat er inzwischen, 70 Prozent davon sind Djerba-Geschädigte. Viele von ihnen hat der Djerba-Anschlag in unbeschreibliches Unglück gestürzt. Einige kämpften in den Kliniken Hamburg-Boberg und Lübeck wochenlang ums Überleben. Die Schwestern Ronja (14) und Solveig (17) aus Neustadt in Holstein etwa verloren - selbst schwer verletzt - Vater und Schwester. Max (17) aus Stockelsdorf bei Lübeck verlor Mutter, Großmutter und Bruder. Viele wollen den Jahrestag ohne öffentliches Aufsehen begehen. "Wir machen deswegen keine eigene Veranstaltung", sagt Michael Esper. Die TUI aber hat alle Opfer und Hinterbliebenen nach Berlin zu einer zentralen Trauerfeier eingeladen. Michael Esper kämpft seit dem Attentat um Gehör für die Anliegen der Opfer. Wie wird man künftig bei solchen Anschlägen mit den Betroffenen umgehen? Er hat festgestellt, dass für Anschlagsopfer keine automatischen Hilfen greifen. Hätte seine unverletzte Frau nicht innerhalb weniger Stunden den Rückflug nach Bergkamen organisieren können, wäre Adrian heute wahrscheinlich tot. "Es muss eine Organisation geben, die die Räder in Gang setzt", sagt Esper. Die damalige Justizministerin Herta Däubler-Gmelin meldete sich zwar nach wenigen Wochen bei den Verletzten und Hinterbliebenen und richtete einen Entschädigungsfonds ein, aus dem die Betroffenen Geld erhielten. Doch von Bundesregierung oder dem Bundespräsidenten seien bis heute keine Kondolenzschreiben angekommen, sagt Esper enttäuscht. Die Opfer von Djerba fühlten sich "allein gelassen".