Am Wochenende wählt die Partei eine neue Führung. Chancen hat auch Dora Heyenn

Göttingen. In der Linken herrscht Einigkeit: Die Lage ist furchtbar. "Ziemlich dramatisch" findet sie der Berliner Landeschef Klaus Lederer. "In einer schwierigen Situation" sieht der Ex-Bundesvorsitzende Oskar Lafontaine die Partei. Thüringens Fraktionschef Bodo Ramelow beklagt eine "Killerdebatte" über das Personal, von einer "Super-Horror-Show" spricht Ex-Parteichef Lothar Bisky. An diesem Wochenende will die Linkspartei auf ihrem Delegiertentreffen in Göttingen eine neue Führung wählen. Für die Doppelspitze bewerben sich derzeit vier Frauen und sechs Männer. Sechs der zehn Kandidaten haben reelle Chancen, gewählt zu werden. Nicht alle wollen miteinander. Mindestens eine Frau muss an der Spitze der Linken stehen, so sehen es die Statuten der Partei vor.

Der Reformerflügel unterstützt vor allem Bundestags-Fraktionsvize Dietmar Bartsch. Der Radikalenflügel hatte sich Hoffnungen auf ein Comeback von Ex-Parteichef Oskar Lafontaine gemacht, der aber nicht antreten will. Aus diesem Lager gibt es nun viel Unterstützung für den baden-württembergischen Landessprecher Bernd Riexinger. Der jetzige Parteichef Klaus Ernst hält eine "kooperative Lösung weiter für möglich", sagte er dem Hamburger Abendblatt. "Ich kann mir eine Doppelspitze mit zwei Frauen vorstellen oder ein Duo Riexinger-Wagenknecht." Wagenknecht sei eine "unserer fähigsten Politikerinnen mit Ausstrahlung weit über die Partei hinaus", so Ernst.

Öffentliche Unterstützung für die einen, Attacken gegen die anderen, ein Machtkampf hinter den Kulissen: Kurz vor dem Parteitag geht in der Linken die Angst vor der Spaltung um. Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi warnte vor diesem "Desaster" ebenso wie der thüringische Fraktionsvorsitzende Bodo Ramelow. Bartsch beschwerte sich über "Fanatismus" in der Partei. Parteivize Katja Kipping verglich die Personaldiskussion mit einer Seifenoper.

Für den Vorsitz bewirbt sich auch Dora Heyenn, Linken-Fraktionschefin in der Hamburger Bürgerschaft: Die 63-Jährige sagte, sie habe "als Gewerkschafterin und enttäuschte Sozialdemokratin an der Gründung der Linken mitgewirkt". Die Herausforderungen für den neuen Parteivorsitz sieht Heyenn "in der Parteientwicklung, der Strategiebildung insbesondere im Hinblick auf die nächsten Bundestagswahlen und darin, die Kampagnenfähigkeit der Partei zu verbessern".