Laut Studie überweisen viele Ärzte ihre Patienten gegen Prämien an bestimmte Einrichtungen, auch wenn sie nicht für die Behandlung geeignet sind.

Berlin. Im deutschen Gesundheitswesen sind sogenannte Fangprämien für die Zuweisung von Patienten gängige Praxis. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung, die der Spitzenverband der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) am Dienstag in Berlin vorstellen will und aus der das Online-Portal „bild.de“ vorab zitiert. Jedes vierte Krankenhaus und jeder zweite Anbieter im nicht-medizinischen Sektor, darunter zum Beispiel Apotheken und Orthopädie-Schuhmacher, bezeichnen danach Zuweisungen gegen Entgelt als übliche Praxis. Die Bundesärztekammer weist die Ergebnisse der Studie zurück.

Viele Ärzte überwiesen ihre Patienten gegen Geld an bestimmte Einrichtungen, heißt es. Das geschehe unabhängig davon, ob eine Klinik für die jeweilige Behandlung geeignet ist oder nicht. CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte „bild.de“: „Fangprämien sind illegal.“ Jeder einzelne Fall sei völlig inakzeptabel. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach von „Mafia-Verhältnissebn“.

Die Ergebnisse der ersten empirischen Studie über Zuweisungen gegen Entgelt beruhen auf einer repräsentativen Befragung von 600 niedergelassenen Ärzten, 360 nicht-medizinischen Anbietern und 180 leitenden Krankenhausangestellten durch das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid. Ausgewertet wurden die Daten durch den Strafrechtler Kai Bussmann vom Forschungszentrum für Wirtschaftskriminalität an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Die Bundesärztekammer hat die neue Fangprämien-Studie zurückgewiesen. Auf NDR Info warf der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, den Autoren der Studie am Dienstag Stimmungsmache gegen Mediziner zum Auftakt des 115. Deutschen Ärztetages vor. Montgomery bezweifelte auf NDR Info die Zahlen der Studie. Sollten sie stimmen, müsste es bei der Ärztekammer und den Staatsanwaltschaften viel mehr Anzeigen geben. Zugleich bezeichnete er die Diskussionen über Fangprämien als „uralte Kamellen“. Darüber habe man schon vor mehreren Jahren gestritten und daraufhin habe der Gesetzgeber einen entsprechenden Paragraphen geändert. Montgomery rief dazu auf, solche Vergehen anzuzeigen. Der 115. Deutsche Ärztetag beginnt am Vormittag in Nürnberg. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie das Gesundheitswesen künftig finanziert werden soll.

Mit Material von epd/kna