“Blockupy“-Proteste gehen trotz Verbots weiter: Die Polizei räumte Zeltlager auf dem Römerberg und lieferte sich mit Demonstranten Verfolgungsjagd.

Frankfurt/Main. Die Straßen rund um die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt wirken wie ausgestorben. Wo sonst Straßenbahnen über die Gleise rattern und die Kameraverschlüsse der zahlreichen Touristen klicken, zwitschern am Donnerstag nur die Vögel. Ein kleiner Junge fährt bei strahlendem Sonnenschein mit seinem Skateboard über die breite, menschenleere Straße – eingezäunt von Absperrgittern, umstellt von Hunderten Polizisten. Jack Bailly, Besitzer eines kleinen Kiosks gegenüber der EZB, kann seine Kunden fast an den Fingern abzählen. "Hier kommen jetzt nur noch Anwohner rein“, sagt ein Polizist mit Sonnenbrille.

Die Musik spielt stattdessen ein paar Hundert Meter weiter um den Frankfurter Römer. Hier räumte die Polizei am Abend ein Zeltlager, das die kapitalismuskritischen "Blockupy“-Demonstranten am Nachmittag trotz des weitgehenden Veranstaltungsverbots der Stadt errichtet hatten. Nach und nach griffen Beamte einzelne Teilnehmer aus einer Sitzblockade heraus und trugen sie weg. Mindestens 150 Menschen wurden nach Polizeiangaben am Donnerstag insgesamt in Gewahrsam genommen. Bei der Bewertung des Polizeieinsatzes gingen die Meinungen naturgemäß auseinander: "Relativ ruhig“, erklärte ein Polizeisprecher - "überflüssig und brutal“, sagte ein "Blockupy“-Vertreter.

Nach der Räumung begann ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei. Die Demonstranten zogen durch die Stadt, um erneut ihre Zelte aufzuschlagen. Viele Aktivisten, die von außerhalb angereist waren, suchten schlicht einen Schlafplatz. Doch die Polizei war ihnen mit ihrem massiven Aufgebot meistens einen Schritt voraus. Am Mainufer hatten sie eine Wiese bereits umstellt, als der Protestzug dort ankam. Die Brücke, über die die Demonstranten dann auf die andere Mainseite wechseln wollten, war ebenso schnell gesperrt. Am späten Abend endete die Verfolgungsjagd vorerst auf dem Universitätscampus, wo sich etwa 150 Menschen im Studierendenhaus versammelten. Ob die Polizei, die ihre Kräfte um das Gelände konzentriert hatte, das Gebäude noch räumt, war zunächst unklar.

Blockupy-Vertreter schimpften auf die Sicherheitskräfte. Sie hätten mit Lautsprecherdurchsagen und wiederholten Vorstößen die Menge der Demonstranten offen provoziert. Auch von Stadt und Justiz fühlen sich die "Blockupy“-Aktivisten ungerecht behandelt. Dem Justizia-Denkmal auf dem Römerberg setzen sie eine Guy-Fawkes-Maske auf – das Symbol der kapitalismuskritischen Occupy-Bewegung. Man habe ihren Protest gegen die europäische Sparpolitik und die Macht der Banken aus politischen Gründen verboten, heißt es.

Ein Sprecher sagt dennoch, er wünsche sich einen gewaltlosen Ablauf der Demonstrationen: "Von uns geht keine Eskalation aus“, versichert er. Aber wenn die Polizei weiter gegen die Demonstranten vorgehe, könne das Bündnis den Frieden nicht mehr garantieren.

Insgesamt rechnet die Polizei damit, dass neben den bis zu 30.000 Demonstranten, die zum Wochenende erwartet werden, auch rund 2000 gewaltbereite Autonome aus ganz Europa anreisen. Polizisten stoppen am Donnerstag mindestens drei Busse mit Aktivisten aus Berlin und Hamburg, darunter auch Demonstranten, die von der Polizei zum harten Kern gezählt werden. Das hessische Innenministerium und die Polizei erinnern immer wieder an die schweren Krawalle vom 31. März. Bei Ausschreitungen mit Autonomen waren damals in Frankfurt 15 Polizisten verletzt worden, einer lebensgefährlich.

Unmittelbar vor der EZB dürfte die Stimmung hingegen entspannt bleiben. Die Polizei will die Sicherheitszone bis auf weiteres aufrechterhalten. Jack Bailly ist das nur recht. Er hat in 25 Jahren schon viele Demonstrationen vor seinem Kiosk erlebt und überlebt, sagt er. Dass er an diesem Wochenende nur einen Bruchteil seines Umsatzes machen wird, ist ihm egal: "Ich bin froh, dass so viele Polizisten hier sind. Und bei der Sonne gibt es für die Beamten auch schon mal ein Eis umsonst.“