Frühere RAF-Terroristin will bei Anschlag auf Siegfried Buback nicht dabei gewesen sein

Stuttgart. 35 Jahre nach der Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback hat die frühere RAF-Terroristin Verena Becker, 59, ihr Schweigen vor Gericht gebrochen, aber jede Beteiligung an dem Anschlag bestritten. Buback und seine beiden Begleiter waren am Gründonnerstag (7. April) 1977 in Karlsruhe von einem Motorrad aus erschossen worden. In einer vor dem Oberlandesgericht Stuttgart verlesenen Erklärung sagte die als Mittäterin Angeklagte an Bubacks Sohn Michael gerichtet: "Wer Ihren Vater getötet hat, kann ich nicht beantworten. Ich war nicht dabei."

Becker wird seit eineinhalb Jahren erneut der Prozess gemacht. Sie war wegen mehrfachen Polizistenmordes 1977 zu lebenslanger Haft verurteilt und 1989 von Bundespräsident Richard von Weizsäcker begnadigt worden. Ab Herbst 1981 soll Becker aus dem Gefängnis heraus zwei Jahre lang Kontakte zum Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gehabt haben.

In ihrer 20-minütigen Erklärung sagte Becker, sie habe im Spätsommer 1976 Deutschland verlassen und sich bis einen Tag nach dem Attentat auf Buback im Jemen aufgehalten. Dann sei sie über Rom in die Bundesrepublik zurückgekehrt. "Ich erfuhr in Rom aus Zeitungen vom Anschlag auf Buback." In Karlsruhe sei sie nie gewesen. An mehreren Treffen der Rote-Armee-Fraktion Ende 1976 und Anfang 1977, auf denen auch ein möglicher Anschlag auf Buback besprochen worden sei, habe sie zeitweise teilgenommen. Sie habe sich "bei der grundsätzlichen Entscheidung, verschiedene Aktionen anzugehen, in keiner Weise hervorgetan".

Damit widersprach sie einer Aussage von RAF-Aussteiger Peter-Jürgen Boock - ein zentraler Zeuge der Bundesanwaltschaft -, im Grundsatz habe sie Anschläge zur Freipressung von inhaftierten Terroristen befürwortet.

Noch immer gilt das sogenannte Schweigegelübde innerhalb der RAF. Zur Aussage nahm Becker ihre Sonnenbrille ab, die sie ansonsten wegen einer Stoffwechselkrankheit tragen darf. Mit der bei ihrer Festnahme 1977 gefundenen Tatwaffe, mit der auf Buback gefeuert wurde, habe sie "nie geschossen". Wegen der Ermordung Bubacks wurden die RAF-Mitglieder Christian Klar, Knut Folkerts und Brigitte Mohnhaupt verurteilt. Wer das Motorrad fuhr und wer mit dem halb automatischen Gewehr die tödlichen Schüsse auf Bubacks Wagen abgab, ist bis heute unklar.

Seit September 2010 steht Becker wieder vor Gericht, da die Bundesanwaltschaft nach neuen Hinweisen von ihrer Mittäterschaft beim Buback-Mord ausgeht. Bundesanwalt Walter Hemberger sagte nach Beckers Erklärung, sie sei "nur den halben Weg gegangen" und habe die Täterschaft "bewusst offengelassen". Nebenkläger Michael Buback sagte, Beckers Erklärung sei "in allen wesentlichen Punkten unzureichend" und erst spät nach 89 Verhandlungstagen gekommen: "Für uns Angehörige ist nicht erheblich, wer Briefmarken auf den Brief (das Bekennerschreiben) geklebt hat. Wir wollen wissen, wer der Täter war."