Die rechte Pro-NRW-Bewegung provozierte radikale Salafisten bei der Verteilung von Koran-Büchern, diese attackierten die Polizei.

Bonn/Berlin. Auseinandersetzungen über den Islam sind in Nordrhein-Westfalen erneut in schwerer Gewalt geendet: Nach einer Provokation der rechten Splitterpartei Pro NRW griffen Anhänger radikaler Salafisten in Bonn die zum Schutz der Veranstaltung aufgezogene Polizei an. 29 Polizisten wurden verletzt, zwei erlitten durch Messerstiche schwere Verletzungen. 109 Gewalttäter wurden nach Polizeiangaben festgenommen. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) reagierte entsetzt.

Bereits am 1. Mai war es in Solingen am Rande eines Pro-NRW-Auftritts zu gewalttätigen Übergriffen mit drei verletzten Polizisten gekommen. Die Auseinandersetzungen haben an Schärfe zugenommen, seit Salafisten seit einigen Wochen bundesweit kostenlose Korane verteilen. Die in Bonn schwer verletzten Beamten wurden im Krankenhaus operiert. Lebensgefahr bestehe jedoch nicht, hieß es. Gegen einen 25-Jährigen aus Hessen nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen eines versuchten Tötungsdelikts auf.

Den weniger als 30 Pro-NRW-Leuten standen nach Polizeiangaben 500 bis 600 Gegendemonstranten gegenüber. Die Polizei parkte zwischen beiden Seiten Mannschaftswagen, um die Situation zu entschärfen, wie ein Sprecher berichtete. Die Situation eskalierte, als Anhänger von Pro NRW wieder islamfeindliche Karikaturen zeigten. Nach der massiven Attacken und Steinwürfen wurde die Veranstaltung nach rund 45 Minuten beendet. Bereits vor der Demonstration waren ein Schlagstock sowie Steine und eine Steinschleuder sichergestellt worden.

Landesinnenminister Jäger sagte am Sonntag in Düsseldorf: „Die systematischen Provokationen der Rechtsextremisten von Pro NRW mit islamfeindlichen Karikaturen rechtfertigen in keinster Weise diese Ausschreitungen.“ Und: „Das waren keine spontanen Angriffe, denn die Salafisten hatten zuvor intensiv bundesweit für ihre Aktion mobilisiert.“ Den Rechtsextremen von Pro NRW wiederum warf er vor, gezielt Hass gegen vier Millionen Muslime zu schüren, die friedlich in Deutschland lebten und die sich von Salafisten distanzierten. „Pro NRW ist gefährlich für unsere Demokratie.“

Auch in Berlin kam es zu Rangeleien zwischen Salafisten und Anhängern der rechtspopulistischen Partei Pro Deutschland, als die radikalen Muslime Korane verteilten. Die Polizei erteilte nach eigenen Angaben mehrere Platzverweise. Anders als zunächst mitgeteilt wurde, gab es aber keine Verletzten.

Karikaturen des Propheten Mohammed sind für Muslime eine besondere Provokation, weil jegliche bildliche Darstellung Mohammeds im Islam verboten ist. Die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in Dänemark hatte bereits 2005 zu teils gewalttätigen Protesten von Muslimen in aller Welt geführt.

Der Salafismus ist nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes ein Sammelbecken für gewaltbereite Islamisten. Er hat in Deutschland rund 2500 Anhänger. Salafisten vertreten einen rückwärtsgewandten Ur-Islam und lehnen jede theologische Modernisierung ab. Sie vertreten diskriminierende Positionen gegen Frauen und bestehen auf deren Vollverschleierung.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hält den Salafismus für eine Keimzelle des Islamisten-Terrors in Deutschland. „Von seinen fanatischen Anhängern geht eine besondere Gefährdung für die Sicherheit Deutschlands aus“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Die Salafisten liefern die ideologische Basis für viele, die dann gewalttätig werden.“

„Pro NRW“ soll keine Islam-Karikaturen mehr zeigen dürfen

Das nordrhein-westfälische Innenministerium hat auf die Ausschreitungen bei einer Wahlkampfveranstaltung von „Pro NRW“ reagiert. Die rechtsextremistische Partei soll nach dem Willen von Minister Ralf Jäger (SPD) vor Moscheen keine islamfeindlichen Karikaturen mehr zeigen dürfen, wie der WDR am Sonntag berichtete. Es ist der zweite Versuch einer solchen Auflage. Gegen das erste Verbot hatte sich die Partei erfolgreich vor Gericht gewehrt. In Nordrhein-Westfalen wird am 13. Mai ein neuer Landtag gewählt.

(abendblatt.de/dpa)