Der Terror-Fürst ist tot, doch der Terror könnte dennoch weiterleben. Das besagen die Anti-Terror-Gesetze.

Berlin. Hat der Tod des Al-Qaida-Chefs konkrete Auswirkungen auf unser Leben? Eine davon könnten die Anti-Terror-Gesetze sein, die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 von der rot-grünen Bundesregierung auf den Weg gebracht wurden. Sie beinhalten zahlreiche neue Sicherheitsmaßnahmen. Einige Regelungen sind befristet und laufen automatisch im Januar 2012 aus, wenn die Bundesregierung sie nicht verlängert oder ganz entfristet. Dabei geht es vor allem um Auskünfte, die die Nachrichtendienste über mutmaßliche Extremisten und Terroristen von verschiedenen Stellen verlangen können.

FINANZEN: Kreditinstitute und Finanzunternehmen müssen Auskünfte geben über Konten, Konteninhaber, Geldbewegungen und Geldanlagen.

POST: Postdienstleister müssen über Namen, Anschriften, Postfächer oder sonstige Umstände des Postverkehrs informieren.

REISEN: Luftfahrtunternehmen sind verpflichtet, Namen, Anschriften und gebuchte Flüge preiszugeben.

TELEFON UND INTERNET: Anbieter von Telefon- und Internetdiensten müssen Verbindungsdaten und Nutzungsdaten offenlegen.

HANDY: Hier geht es um den Einsatz technischer Mittel („IMSI-Catcher“), um die Identität und den Standort eines Handys zu ermitteln.

AUSLÄNDER: Erfahren das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Ausländerbehörden etwas über extremistische Bestrebungen, müssen sie von sich aus den Verfassungsschutz des Bundes beziehungsweise des Bundeslandes informieren.

FAHRZEUGE: Um Fahrzeuge und ihre Halter zu identifizieren, soll weiterhin ein automatischer Abruf aus dem zentralen Fahrzeugregister möglich sein.

Im Streit über die Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze sendet Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nun versöhnliche Töne an den Koalitionspartner. Eine Befristung der Gesetze sei „in Ordnung“, wenn das Parlament sich darauf verständige, sagte Friedrich am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. Die FDP konzedierte, damit sei der Innenminister auf dem richtigen Weg. Jede einzelne Maßnahme müsse allerdings gründlich überprüft werden.

Friedrich verwies darauf, dass derzeit eine Einzelfallprüfung stattfinde. Hierfür seien auch zwei Gutachten angefertigt worden. Er zeigte sich jedoch überzeugt, dass sich die Gesetze „überwiegend bewährt“ hätten.

Davon ist die FDP noch nicht überzeugt. Zwar räumte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ein, dass Teile der umstrittenen Anti-Terror-Gesetze auch in Zukunft „mit Sicherheit“ gebraucht würden. Welche dies seien, hänge allerdings davon ab, wie oft sie angewandt worden seien, sagte die Ministerin im SWR. Bei allen Teilen des Gesetzes, die über Jahre hinweg gar nicht gebraucht worden seien, stelle sich dagegen die Frage, ob sie notwendig seien.

Mit den Liberalen werde es keine pauschale Verlängerung der Gesetze geben, machte FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger deutlich. Die FDP wolle weiterhin jede Maßnahme auf ihre Wirksamkeit und Notwendigkeit überprüfen, erklärte sie. Auch müsse festgestellt werden, ob mehr Rechtsschutz für die Bürger notwendig sei.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner warnte vor vorschnellen Entscheidungen und plädierte dafür, am vereinbarten Zeitplan festzuhalten. „Angst ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber“, sagte er.

Wie aus Regierungskreisen verlautete, will das Kabinett möglichst noch vor der Sommerpause einen ersten Vorschlag zum weiteren Vorgehen diskutieren, damit dem Parlament noch ausreichend Zeit für die Beratungen bleibt.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast hält die Beteiligung des Parlaments hingegen nicht für ausreichend und forderte mehr Mitspracherechte. „Eine offene, transparente Debatte in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages wäre wichtig, um wirklich zu einer Abwägung zu kommen“, sagte sie. Es müsse geklärt werden, welche der einzelnen Maßnahmen notwendig gewesen seien für Fahndungserfolge oder für Observierungen.

Die Linke beklagte, dass die Diskussion über die Fristen eine notwendige Grundsatzdebatte über die Inhalte der Gesetze behindere. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, wies darauf hin, dass ohnehin nur ein geringer Teil überhaupt befristet gewesen sei. „Die für Polizei und Geheimdienste neu geschaffenen Befugnisse aus der Anti-Terror-Gesetzgebung gehören samt und sonders auf den Prüfstand“, forderte sie.

Die Anti-Terror-Gesetze waren von der damaligen rot-grünen Bundesregierung nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA beschlossen worden und laufen Anfang 2012 aus. Sie räumen den Sicherheitsbehörden erweiterte Befugnisse ein.

Im Bayerischen Rundfunk äußerte Friedrich die Einschätzung, dass nach bin Ladens Tod auch in Deutschland eine gewisse Gefahr terroristischer Anschläge bestehe. „Die Bedrohungslage ist da“, sagte der CSU-Politiker und riet dazu, wachsam zu sein.

Friedrich war am Montag zu einer dreitägigen USA-Reise aufgebrochen. Am Dienstag stand ein Treffen mit US-Heimatschutzministerin Janet Napolitano auf seinem Programm. Für Mittwoch sind unter anderem Gespräche mit dem stellvertretenden nationalen Sicherheitsberater, John Brennan, und US-Justizminister Eric Holder geplant. (dpa/dapd)