“Nicht der geeignete Zeitpunkt“, sagt Generalsekretär Christian Lindner. Rösler selbst schweigt, genießen wird er wohl eher nicht.

Berlin. Die Krise in der FDP scheint noch nicht beendet. Neuestes Problem: Die Partei musste die Entscheidung über Personalfragen vertagen. „Heute ist nicht der geeignete Zeitpunkt, abschließende Entscheidungen zu treffen“, sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Der designierte Parteivorsitzende Philipp Rösler verzichtete bei einem Treffen der FDP-Führungsgremien am Montag in Berlin darauf, ein eigenes Personal-Tableau vorzulegen und äußerte sich zunächst nicht.

Der Bundesgesundheitsminister wird beim Parteitag Mitte Mai in Rostock die Nachfolge des scheidenden Parteichefs Guido Westerwelle antreten. Der Außenminister hat nach zehn Jahren an der FDP-Spitze und massiver innerparteilicher Kritik auf eine neue Kandidatur verzichtet. Um die drei Posten der stellvertretenden Parteivorsitzenden wird es möglicherweise Kampfabstimmungen geben.

Nach dem nordrhein-westfälischen FDP-Chef Daniel Bahr meldeten am Montag auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sowie Hessens FDP-Vorsitzender Jörg-Uwe Hahn offiziell ihre Bewerbung an. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle – derzeit schon Vize - und Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow bekundeten ebenfalls Interesse. Auch Entwicklungsminister Dirk Niebel wird als Kandidat gehandelt.

Am Amt des Wirtschaftsministers will Brüderle aber in jedem Fall festhalten - unabhängig vom Ausgang des bevorstehenden FDP-Parteitags. „Ich habe auf jeden Fall die Absicht. Ich kann ja nicht das Land in einer guten Entwicklung im Stich lassen„, sagte der FDP-Politiker am Montagabend in der SWR-Talkshow „2+Leif„ laut einem Vorabbericht. Dazu brauche er auch nicht das Parteiamt als stellvertretender FDP-Vorsitzender: „Das muss ich nicht zwingend haben„, sagte er.

Darüber hinaus zeigte Brüderle Verständnis dafür, dass der designierte FDP-Parteichef Philipp Rössler noch kein Personaltableau vorgelegt hat: „Wir haben gar keinen Zeitdruck. Er muss ja auch seine Vorstellungen entwickeln, wie sein Team aussehen soll„, sagte Brüderle und sprach sich dabei für einen „entsprechenden Frauenanteil„ aus. Man habe alle Zeit bis zum Parteitag, das miteinander zu diskutieren.

Ein Tag der Vorentscheidungen für die FDP: Der designierte FDP-Chef Philipp Rösler wird seine Personalpläne vorstellen. Spannend dürften vor allem seine Vorschläge für die Stellvertreter-Posten werden. Beste Aussichten haben Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der Parlamentarische Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Daniel Bahr, beim Parteitag Mitte Mai in Rostock gewählt zu werden. Offen ist, ob Wirtschaftsminister Rainer Brüderle seinen Vizeposten aufgeben wird. Interesse an einer Kandidatur haben auch Entwicklungsminister Dirk Niebel und Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn bekundet. Neben Andreas Pinkwart (Nordrhein-Westfalen) hat auch die bisherige Vizevorsitzende Cornelia Pieper (Sachsen-Anhalt) ihren Rückzug erklärt. Der sächsische Landesvorsitzende Holger Zastrow gilt als Favorit der Ostverbände, Pieper zu beerben.

Zunächst tagt in Berlin das Präsidium, dann das Präsidium mit den Landesvorsitzenden. Anschließend kommen diese mit dem Bundesvorstand zusammen. Der Parteitag der Liberalen ist Mitte des Monats in Rostock. FDP-Chef Westerwelle tritt nicht mehr an.

Der langjährige Parteichef Guido Westerwelle hatte Anfang April seinen Rückzug angekündigt. Der einzige Kandidat für seine Nachfolge ist Gesundheitsminister Rösler. Fest steht bereits, dass FDP-Generalsekretär Christian Lindner auch unter Rösler im Amt bleibt. Am Wochenende machte er deutlich, dass er nach dem Führungswechsel in seiner Partei eine Stärkung der liberalen Werte erwartet. Staatliche Eingriffe, etwa beim Klimaschutz, müssten hinterfragt werden, sagte Lindner dem SWR. Er warnte vor einem "feinen Gespinst bürokratischer Regelungen", das von der Politik "über unser Leben gelegt" werde. "Wir nehmen das so problemlos hin, dass man gegenwärtig mit der Menschheitsaufgabe Klimawandel jeden Eingriff in Wirtschaft und Gesellschaft legitimieren kann, bis hin zum Glühbirnenverbot", sagte er.

Nordrhein-Westfalens FDP-Chef Bahr warnte vor einer "Sozialdemokratisierung" seiner Partei. Er wolle als Chef des größten FDP-Landesverbands auch künftig mitwirken, unterschiedliche Flügel und Generationen in der FDP zu integrieren, um die Partei wieder zu stabilisieren.

Wenige Wochen vor der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft droht den Liberalen die nächste Schlappe. Für die FDP sprachen sich in einer Emnid-Umfrage für den "Focus" nur vier Prozent aus, womit sie den Wiedereinzug in die Bürgerschaft verfehlen würde. Erstmals liegen die Grünen der Umfrage zufolge vor der CDU. Die Grünen erreichen 24 Prozent und liegen damit auf Platz zwei hinter der SPD, die 37 Prozent erreicht.

Bei der Wahl 2007 hatten die Grünen mit 16,5 Prozent ihr bis dahin bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl erzielt. Die SPD erreichte 36,7 Prozent. Beide Parteien regieren in der Hansestadt seitdem in einer rot-grünen Koalition. Die CDU muss sich bei der diesjährigen Wahl am 22. Mai der Umfrage zufolge auf eine herbe Niederlage einstellen. Sie kommt demnach nur noch auf 22 Prozent. Bei der Wahl vor vier Jahren hatte die Union 25,6 Prozent der Stimmen bekommen.