Berlin. Nach Martin Schulz kam die Bundeskanzlerin: Bei RTL stand am Sonntag Angela Merkel den Bürgern Rede und Antwort. Wie schlug sie sich?

Wenn nichts mehr dazwischen kommt, wird Angela Merkel am 24. September ohne große Probleme ihre nächste Amtszeit als Kanzlerin eintüten. Die Umfragewerte ihrer Partei sind längst wieder in hohen Sphären angelangt. Die ihrer direkten sozialdemokratischen Konkurrenz liegen dagegen wieder im Bereich der 20 + x.

Trotzdem macht die Kanzlerin dieser Tage im großen Stil Wahlkampf. Die CDU hat sie aufgefordert, bis zur letzten Minute zu kämpfen. Zu Merkels zahlreichen Terminen gehörte auch ein Auftritt bei dem „Town Hall“-Format von RTL, bei der sie eine Woche nach SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz am Sonntagabend Bürgern Rede und Antwort stand.

Angela Merkel fragt härter als Martin Schulz nach

Im Umgang mit den Fragestellern wählte Merkel ähnlich wie vor einer Woche Schulz zunächst die Taktik der großen Umarmung. Kaum ein Begehren, für das die Kanzlerin nicht grundsätzlich Verständnis äußerte. Nicht selten bot Merkel auch gleich Hilfe an: Einem gut integrierten Iraner etwa versprach sie die Prüfung seines Asylverfahrens, einem Polizisten die Vereinheitlichung der Polizeigesetze – und einer Rentnerin, mehr für die kleinen Rentner zu tun.

Merkel stellt begehbares Wahlprogramm der CDU vor

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    Im Unterschied zu Schulz ging Merkel ihre Fragesteller aber nach dieser grundsätzlichen Sympathiebekundung auch mal direkter an. In einigen Fällen fragte sie mehrfach nach den konkreten Gegebenheiten. Wie ist das mit dem Unterhalt des Vaters? Haben Sie wirklich zig Jahre keinen Asylbescheid bekommen? Wie stark profitieren Sie von der Mütterrente? Durch dieses Mittel konnte Merkel den Fragestellern immer wieder die Luft aus den Segeln nehmen.

    Probleme beim Thema Diesel

    Dass die CDU-Chefin so nahezu unbescholten mit ihrem Repertoire durchkam, lag auch an den teilweise harmlosen Fragen. Als ihr von einem Bürger etwa die Kürzungen bei der Polizei in den Bundesländern vorgehalten wurde, konnte Merkel das kurzerhand unter Verweis auf den Föderalismus wegwischen. „Bei der Bundespolizei sind keine Stellen abgebaut worden“, sagte die Kanzlerin milde lächelnd.

    Richtig unter Druck geriet Merkel nur beim Thema Absgasskandal. Den Vorwurf, dass sie hier zu viel Rücksicht auf die Interessen der Autoindustrie nehme, konnte die Kanzlerin nicht so recht entkräften. „Durch stärkere Kritik an der Industrie wird der Wert Ihres Autos ja nicht höher“, sagte Merkel schließlich überraschend ehrlich mit Blick auf die Probleme, die die Autohersteller größtenteils selber lösen müsse. Auch hingen bis zu 900.000 Jobs in Deutschland an den Autoherstellern.

    Die Plakate der Parteien im Bundestag

    Ohne Plakate kein Wahlkampf. Die im Bundestag vertretenen Parteien haben ihre Großplakate vorgestellt. Überraschendes gibt es kaum. CDU-Generalsekretär Peter Tauber stellt natürlich auch die Kanzlerin Angela Merkel in den Vordergrund.
    Ohne Plakate kein Wahlkampf. Die im Bundestag vertretenen Parteien haben ihre Großplakate vorgestellt. Überraschendes gibt es kaum. CDU-Generalsekretär Peter Tauber stellt natürlich auch die Kanzlerin Angela Merkel in den Vordergrund. © imago/Metodi Popow | M. Popow
    „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ lautet das Leitmotiv der CDU-Kampagne.
    „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ lautet das Leitmotiv der CDU-Kampagne. © imago/Metodi Popow | M. Popow
    Das Versprechen von „Sicherheit und Ordnung“ spricht die Kern-Klientel der Union an.
    Das Versprechen von „Sicherheit und Ordnung“ spricht die Kern-Klientel der Union an. © imago/Metodi Popow | M. Popow
    Auf allen Plakaten der CDU ist die Farbkombination schwarz-rot-gold zu finden.
    Auf allen Plakaten der CDU ist die Farbkombination schwarz-rot-gold zu finden. © imago/Metodi Popow | M. Popow
    Erstmals präsentiert die CDU auch ein eigenes Motiv zu Europa.
    Erstmals präsentiert die CDU auch ein eigenes Motiv zu Europa. © imago/Metodi Popow | M. Popow
    SPD-Generalsekretär Hubertus Heil setzt ebenfalls auf Großplakate – etwa zum Thema Start-up-Gründer.
    SPD-Generalsekretär Hubertus Heil setzt ebenfalls auf Großplakate – etwa zum Thema Start-up-Gründer. © dpa | Kay Nietfeld
    Schreien dürfen auf den SPD-Plakaten nur die Kinder.
    Schreien dürfen auf den SPD-Plakaten nur die Kinder. © dpa | Kay Nietfeld
    Und natürlich darf bei der SPD der Kanzlerkandidat Martin Schulz nicht fehlen.
    Und natürlich darf bei der SPD der Kanzlerkandidat Martin Schulz nicht fehlen. © dpa | Kay Nietfeld
    Diese Optik, die SPD-Generalsekretär Hubertus Heil zeigte, soll wohl ausdrücken: Deutschland im Zeichen von Martin Schulz.
    Diese Optik, die SPD-Generalsekretär Hubertus Heil zeigte, soll wohl ausdrücken: Deutschland im Zeichen von Martin Schulz. © dpa | Kay Nietfeld
    Die Grünen stellen wieder ihre Kernkompetenz Umwelt- und Klimapolitik ins Zentrum der Wahlkampagne.
    Die Grünen stellen wieder ihre Kernkompetenz Umwelt- und Klimapolitik ins Zentrum der Wahlkampagne. © dpa | Soeren Stache
    Die Zukunft wollen und machen – auch dies ein grünes Motto zur Bundestagswahl.
    Die Zukunft wollen und machen – auch dies ein grünes Motto zur Bundestagswahl. © dpa | Soeren Stache
    Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt enthüllte ein Plakat ihres Co-Frontmannes Cem Özdemir...
    Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt enthüllte ein Plakat ihres Co-Frontmannes Cem Özdemir... © dpa | Soeren Stache
    ... und Cem Özdemir revanchierte sich mit dem Plakat einer hemdsärmeligen Göring-Eckardt.
    ... und Cem Özdemir revanchierte sich mit dem Plakat einer hemdsärmeligen Göring-Eckardt. © dpa | Soeren Stache
    Etwas verwirrend kommt das Großplakat der Linkspartei daher. Was ist da jetzt durchgestrichen, und was gilt?
    Etwas verwirrend kommt das Großplakat der Linkspartei daher. Was ist da jetzt durchgestrichen, und was gilt? © dpa | Gregor Fischer
    Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion und Spitzenkandidat der Partei Die Linke, Dietmar Bartsch (l.), und Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn lösten es auf: Der Wähler soll „Lust auf Linke“ bekommen.
    Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion und Spitzenkandidat der Partei Die Linke, Dietmar Bartsch (l.), und Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn lösten es auf: Der Wähler soll „Lust auf Linke“ bekommen. © dpa | Gregor Fischer
    An Köpfen für die Plakate fehlt es der Linkspartei jedenfalls nicht.
    An Köpfen für die Plakate fehlt es der Linkspartei jedenfalls nicht. © dpa | Gregor Fischer
    Auf einem Plakat wendet sich dien Linkspartei explizit gegen rechtsextreme Parolen.
    Auf einem Plakat wendet sich dien Linkspartei explizit gegen rechtsextreme Parolen. © dpa | Gregor Fischer
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    Interessant waren die Zwischentöne

    Es waren solche kurzen Abschnitte und die Zwischentöne, die in einem nicht so richtig spannenden Plausch ab und an aufhorschen ließen. Interessant etwa, wie Merkel über den bayerischen Ministerpräsidenten sprach: „Ich würde das zum Anlass nehmen, noch mal mit Horst Seehofer zu sprechen. Wir hatten das Gespräch neulich erst und ich hatte das Gefühl, dass das Bewusstsein für das Problem da war“, sagte Merkel einer Flüchtlingshelferin, die sich über eine offenbar mangelhafte Umsetzung des Integrationsgesetzes in Bayern ärgerte. Völlig klar, wer hier Koch und Kellner ist.

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    Und auch wenn Merkel merklich jede Siegesgewissheit vermeiden wollte: Ab und an blitzte sie dann doch durch. Beispielsweise in den Momenten, in denen die Kanzlerin über ihr zukünftiges Regierungshandeln sprach. Es mag zum Wahlkampf gehören, dass man von seinen Plänen bereits als Fakten spricht, auch Martin Schulz tut das. Bei Merkel aber klang es, als ob die derzeitige Kanzlerin über die nächste Kanzlerin sprach.

    Das Fazit

    So richtig packend war trotz dieser Momente auch diese „Town Hall“ von RTL nicht. Immerhin erfuhr der Zuschauer am Ende noch, dass Merkel sich durch Kochen oder Wandern auch mal Auszeiten nimmt – und bei ihrem legendären Treffen mit Trump von diesem vor den Fotografen nicht ignoriert, sondern einfach nur nicht gehört wurde. Immerhin: Die Sache wäre geklärt.