Hamburg. Till Wahnbaeck, Chef der Welthungerhilfe, über die Verwendung der Spendengelder.

Der Vorstandsvorsitzende der Welthungerhilfe, Till Wahn­baeck, hat am Montag bei der Hamburger Drogeriekette Budnikowsky von Einsätzen in den Katastrophengebieten berichtet. Budni hatte seine Kunden mit der Aktion „Hunger in Afrika ­– Aufrunden und Helfen“ zu Spenden aufgerufen. Der symbolische Scheck über 38.000 Euro wurde am Montag von Geschäftsführer Christoph Wöhlke übergeben. Ina-Maria Nießler hat mit Wahnbaeck über die Verteilung der Spenden und die Ursachen der Krise gesprochen.

Hamburger Abendblatt: Herr Wahn­baeck, wo sehen Sie die Ursachen für die Hungersnot in Afrika?

Dr. Till Wahnbaeck: Die Gründe für die Hungerkrise in Afrika sind vielfältig. In Nigeria und dem Südsudan sind es kriegerische Auseinandersetzungen, die Menschen zu Flüchtlingen machen und dazu führen, dass Felder in ganzen Landstrichen nicht mehr bebaut werden können. In Somalia, Kenia und Äthiopien ist eine lang anhaltende Dürre der Auslöser für die aktuelle Krise. Dort hat es seit Jahren nicht mehr ausreichend geregnet, die Menschen sind am Ende ihrer Widerstandskräfte, wenn die Tiere gestorben und die Pflanzen erneut verdorrt sind.

Was machen die westlichen Industrienationen aus Ihrer Sicht falsch?

Wahnbaeck: Die internationale Staatengemeinschaft reagiert immer erst dann, wenn die schrecklichen Bilder in den Medien zu sehen sind. Viele Krisen sind vorhersehbar, etwa durch Frühwarnsysteme. Und wir müssen reagieren, wenn es die ersten Alarmsignale gibt. Dazu brauchen wir den Mut, schon jetzt großzügig in einen Nothilfetopf einzuzahlen. Wir brauchen einen Mechanismus, der Hilfsgelder bereitstellt, sobald sich eine Katastrophe abzeichnet. Denn wir wissen aus Erfahrung, dass es billiger ist, vorher zu handeln als hinterher Überlebenshilfe zu leisten. Die Welthungerhilfe hat mit solchen Nothilfefonds gute Erfahrungen gemacht.

Und was können wir nachhaltig tun, um die Not zu lindern?

Wahnbaeck: Der Klimawandel ist ein wichtiger Auslöser für Dürren, Überschwemmungen oder andere Wetterextreme, die den Kleinbauern in Afrika ihre Lebensgrundlage rauben. Die Industrieländer müssen ihre Verantwortung wahrnehmen und alles tun, um die Folgen abzumildern. Auch der hohe Fleischkonsum bei uns im Norden führt langfristig dazu, dass landwirtschaftliche Flächen zum Anbau von Tierfutter statt Grundnahrungsmitteln verwendet werden.

Wo werden die Spenden verteilt?

Wahnbaeck: Die Spenden werden in Afrika eingesetzt, denn dort ist die Not derzeit am größten. Mit unseren Projekten im Südsudan, Kenia und Äthiopien unterstützen wir Kleinbauern und Viehhirten, die ohne die Hilfe von außen nicht überleben.

Wofür werden die Spendengelder genau verwendet?

Wahnbaeck: Das richtet sich nach den ganz konkreten Bedürfnissen vor Ort, die unsere Kollegen in den betroffenen Ländern kennen. Zum einen unterstützen wir Nomaden mit Futter für ihre Ziegen, Kamele oder Kühe. In einigen Regionen haben wir Nahrungsmittel wie Reis, Mehl, Zucker und Öl verteilt und zusätzliche Tanklastwagen mit Wasser in die Dörfer geschickt. Eine zentrale Rolle spielen auch „Cash for work“-Programme, in denen die Menschen Bargeld bekommen, wenn sie am Bau von Bewässerungssystemen mitarbeiten. So stärken wir auch die lokalen Wirtschaftskreisläufe.