London . Welche Zugeständnisse muss die Europäische Union machen, um einen „Brexit“ zu vermeiden? Ein erster Schritt dafür scheint getan.

In den Verhandlungen mit der Europäischen Union über eine EU-Reform hat Großbritanniens Regierung einen „wichtigen Durchbruch“ verkündet. Wie das Büro das britischen Regierungschefs mitteilte, habe sich Premierminister David Cameron mit EU-Ratspräsident Donald Tusk auf die Modalitäten einer neuen „Notbremse“ geeinigt. Diese soll die Kürzung von Sozialleistungen für zugewanderte EU-Ausländer erlauben.

Tusk hatte bei seiner Reise nach London Vorschläge mitgebracht, um Großbritannien mit Reformen von einem Austritt aus der Union abzuhalten. Gemäß des Kompromissvorschlags seien die Voraussetzungen für eine Nutzung der „Notbremse“ durch Großbritannien erfüllt, hieß es weiter. Damit könne der konservative Premier sein Vorhaben umsetzen, den Anspruch von EU-Bürgern auf bestimmte Sozialleistungen einzuschränken, die weniger als vier Jahre in Großbritannien gearbeitet haben. „Das ist ein wichtiger Durchbruch“, hieß es aus London.

„Notbremse“ für alle EU-Staaten

Die „Notbremse“ könnte laut Medienberichten bei starker Zuwanderung gezogen werden, wenn diese soziale Sicherungssysteme oder öffentliche Dienstleistungen erheblich beeinträchtigt. Cameron fordert laut Diplomaten, dass die „Notbremse“ direkt nach der Volksabstimmung aktiviert werden kann. Der Mechanismus sei nicht auf Großbritannien beschränkt, sondern stehe allen EU-Staaten offen, berichteten mehrere Medien. Aktiviert werden könne er nur mit Zustimmung des Ministerrats, in dem die EU-Mitgliedstaaten vertreten sind.

Der polnische EU-Ratspräsident hatte nach dem Treffen mit Cameron am Sonntagabend auf Twitter geschrieben, es gebe „noch keine Vereinbarung“. Er setze auf „intensive Arbeit“ in den nächsten 24 Stunden, um eine Lösung in den anderen Streitpunkten zu finden.

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So strebt Cameron unter anderem an, den Einfluss nationaler Parlamente in der EU zu stärken und sich von der Pflicht zu verabschieden, eine „immer engere Union“ anzustreben, wie dies im EU-Recht verankert ist. Außerdem fordert London, dass Nicht-Euro-Staaten wie Großbritannien keine Nachteile erfahren.

Volksabstimmung noch dieses Jahr?

Cameron will seine Landsleute möglicherweise schon dieses Jahr, spätestens aber Ende 2017 über den Verbleib Großbritanniens in der EU abstimmen lassen. Beim EU-Gipfel am 18. und 19. Februar soll ein Kompromiss zu den Reformforderungen gefunden werden. Von britischer Seite hieß es dazu am Sonntagabend, Unterhändler würden am Montag in Brüssel weitere Gespräche führen. Tusk habe signalisiert, dass er den EU-Mitgliedstaaten am Dienstag einen Entwurf vorlegen wolle.

Tusk hatte angekündigt, er werde Cameron „Lösungen“ in allen Bereichen anbieten, in denen dieser Reformen fordere. Ein Abkommen müsse aber für die Gesamtheit der EU akzeptabel sein, und es werde „keinen Kompromiss bei fundamentalen Freiheiten“ geben. Der liberalkonservative Pole lehnt es ab, bei der Arbeitnehmer-Freizügigkeit eine künftige Änderung der EU-Verträge anzubieten. Vertragsänderungen müssen von den EU-Staaten einstimmig gebilligt werden und sind äußerst kompliziert. (dpa)