Kiew/Hamburg. Stichwahl in Kiew: Vitali Klitschko hat die Mehrheit für eine Wiederwahl verpasst. Behörden sorgen für Wahl-Chaos in der Ukraine.

Seine Gegner hatte er oft schon in der ersten Runde k.o. geschlagen. Jetzt muss der frühere Box-Weltmeister Vitali Klitschko, 44, in die zweite Runde: Bei der Bürgermeisterwahl in der ukrainischen Hauptstadt Kiew muss Amtsinhaber Klitschko in die Stichwahl. Laut Nachwahlbefragungen erhielt der ältere der beiden Klitschko-Brüder am Sonntag 38 bis 40 Prozent der abgegebenen Stimmen, verfehlte aber die absolute Mehrheit. Sein Gegner für die Stichwahl am 15. November stand am Abend noch nicht fest, mehrere Bewerber lagen fast gleichauf.

Klitschko kam mit seinem Bruder Wladimir und Ehefrau Nathalie in das Wahllokal und ließ sich lächelnd ablichten. Offizielle Ergebnisse der ukrainischen Kommunalwahlen werden erst in der kommenden Woche erwartet. Im Mai 2014 hatte Klitschko im dritten Anlauf bei vorgezogenen Wahlen mit 56,7 Prozent gewonnen.

Niedrige Wahlbeteiligung in der Ukraine

Die Beteiligung an den Kommunalwahlen in der Ukraine lag niedrig. Es gab auch teils grobe Regelverstöße. Rund 30 Millionen Menschen waren aufgerufen, Regionalparlamente, Stadträte und Bürgermeister zu wählen. Insgesamt bewarben sich 142 Parteien und mehr als 210.000 Kandidaten um lokale Mandate.

Ein schweres Versagen der Wahlbehörden hat die Kommunalwahlen überschattet. Ausgerechnet in den ostukrainischen Städten Mariupol und Krasnoarmiisk, den Vorposten gegen die prorussische Separatistengebiete, konnten die Bürger am Sonntag nicht wählen. Die Wahllokale blieben geschlossen, weil keine Stimmzettel vorlagen. Präsident Petro Poroschenko kritisierte dies als nicht hinnehmbar.

Die Rechtsradikalen erstarken im Westen

Die Kommunalwahl galt als Stimmungstest für den prowestlichen Kurs der Führung in Kiew. Poroschenko war erst vergangenes Jahr gewählt worden. Seitdem hat sich die Wirtschaftskrise in der Ex-Sowjetrepublik verschärft. Der Konflikt mit den Separatisten und Russland, das sie unterstützt, ist ungelöst. Trotzdem wurde der Petro-Poroschenko-Block laut Nachwahlbefragungen in vielen Gebieten der Zentralukraine stärkste Partei.

Im Westen schnitt nach ersten Angaben die rechtsradikale Partei Swoboda (Freiheit) stark ab. Für die Partei Oppositionsblock schienen die Ergebnisse im Osten und Süden eher schwächer als prognostiziert. In dem Block haben sich frühere Mitglieder der Partei der Regionen des 2014 gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch organisiert.

Vitali Klitschko: Kiew soll europäisch werden

In den großen Städten erzielte nur der Bürgermeister von Charkiw im Osten, Gennadi Kernes, auf Anhieb eine absolute Mehrheit. Der frühere Parteigänger von Janukowitsch ist seit einem Attentat 2014 querschnittsgelähmt. In Lwiw (Lemberg), Odessa und Dnjepropetrowsk muss wie in Kiew eine Stichwahl entscheiden.

„Ich möchte, dass Kiew eine wirkliche europäische Stadt wird“, sagte Klitschko. „Wenn die Kiewer mir bereits im ersten Wahlgang vertrauen – gut, falls nicht, werde ich weiter kämpfen."