Am 25. Januar finden Neuwahlen statt. Gewinnen die Linksradikalen, droht ein Rauswurf aus der Euro-Zone

Brüssel. Der Albtraum wird Wirklichkeit: Die Wahl eines neuen griechischen Staatspräsidenten ist auch im dritten Anlauf gescheitert. Der Kandidat der Regierungskoalition, Stavros Dimas, verfehlte im Parlament die notwendige Mehrheit. Damit tritt das ein, was Griechenlands Geldgeber unbedingt vermeiden wollten: Am 25. Januar finden Neuwahlen statt.

Für Griechenland wird der Urnengang zur Schicksalswahl. Hält Griechenland an seinem Reformkurs fest und bleibt Mitglied der Euro-Zone? Oder wählt das Land den linksradikalen Alexis Tsipras und fliegt möglicherweise aus dem Euro? Was passiert mit den deutschen Milliardenhilfen? Droht ein Wiederaufflammen der Euro-Krise?

Trotz Neuwahlen muss in Griechenland kein Chaos ausbrechen – wenn das Bündnis des konservativen Premiers Antonis Samaras gewinnen sollte. Samaras sollte man trotz der Schlappe bei den Präsidentschaftswahlen nicht abschreiben. Dass die Opposition nun Neuwahlen erzwungen hat, könnte in der Bevölkerung nicht gut ankommen. Auch dürften viele Griechen den Wahlgang als das begreifen, was er tatsächlich ist: eine Schicksalswahl. „Die griechische Bevölkerung wird sich bei dem Wahlgang dreimal überlegen, ob sie einen anderen Weg einschlagen will“, sagt der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln), Michael Hüther.

Samaras fordert von der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) zwar auch, die Sparzügel zu lockern. Aber bislang war er kooperationsbereit. Und sein Kurs hat Erfolge gezeigt. Das Land wuchs zuletzt so stark wie kein anderes Land in der Euro-Zone. „Wir werden, egal, wie die Parlamentswahl ausgeht, wichtige Zeit verlieren. Das ist umso bedauerlicher, weil Griechenland in vielen Bereichen auf einem guten Weg ist“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Ralph Brinkhaus.

„Die Bürger würden es zu verhindern wissen, dass sich Griechenland durch Feuerwerk-Versprechungen der Opposition wieder in neue Abenteuer stürzt“, gibt sich Regierungschef Samaras selbstbewusst. Gut stehen seine Chancen allerdings nicht. Wahlumfragen sagen einen Linksruck und einen Sieg von Alex Tsipras voraus.

Tsipras ist das Schreckgespenst der Europäer. Er hat zwar erklärt, Griechenland in der Euro-Zone halten zu wollen. Doch mit seinen Forderungen ist das nahezu unmöglich: Er will das deutsche Spardiktat beenden, alle Reformverträge aufkündigen und einen radikalen Schuldenerlass für sein Land aushandeln. Diese Forderungen kommen in der griechischen Bevölkerung an. Seit 2009 ist das Bruttoinlandsprodukt um 25 Prozent eingebrochen. Viele Griechen machen den aufgezwungenen Reformkurs für ihren dramatischen wirtschaftlichen Abstieg verantwortlich. Tsipras Chancen auf einen Wahlsieg stehen deshalb nicht schlecht. Sollte er tatsächlich an die Macht kommen, setzen Griechenlands Geldgeber auf eine schnelle Entzauberung. „Wir müssten darauf hoffen, dass das Syriza-Bündnis zerfällt und sich einige der Partner darin den Sozialdemokraten von Pasok anschließen“, sagen EU-Beobachter.

Ausgeschlossen ist das nicht. Ende Februar läuft das Rettungsprogramm der EU aus. Der neuen Regierung blieben nur wenige Tage für Verhandlungen über neue Hilfen. „Eine griechische Regierung unter Tsipras wäre gegenüber der EU in einer schlechten Verhandlungsposition“, sagt Hüther. „Die Erpressbarkeit Europas ist deutlich geringer als vor drei Jahren. Andere Länder wie Irland und Portugal haben sich aus der Krise gearbeitet, und es gab institutionelle Fortschritte wie die Banken-Union.“ Zudem halten die Geldgeber Athens bislang die Auszahlung der letzten Tranche des Rettungspakets zurück, weil Griechenland noch nicht alle Reformauflagen erfüllt hat. „Ohne Hilfe von außen ist Griechenland angesichts des Schuldenstandes nicht handlungsfähig“, sagt SPD-Finanzpolitiker Carsten Schneider. „In Griechenlands eigenem Interesse muss der Reformkurs fortgesetzt werden.“ Mitte März wäre Griechenland ohne Hilfen pleite.

Wenn Tsipras aber an seinen Forderungen festhält und seine Regierung nicht kippt, ist Griechenland kaum noch in der Euro-Zone zu halten. Ein Aufkündigen der Reformverträge sowie einen Schuldenerlass in großem Stile würden die Geldgeber Griechenlands nicht mitmachen. Zu viel Geld steht im Feuer: Bislang hat Griechenland 240 Milliarden Euro an Hilfen von seinen Partnern erhalten. Außerdem wären zu große Zugeständnisse in Griechenland ein verheerendes Signal an andere Euro-Krisenländer.

„Bei einem Euro-Austritt droht dem ganzen Land eine gewaltige Verarmung und der Austritt aus der EU“, sagt Ökonom Hüther. Verloren wäre bei einem Euro-Austritt auch ein Großteil der deutschen Hilfen von rund 80 Milliarden Euro. Lange Zeit galt der Austritt eines Mitgliedslandes aus dem Euro als das Schreckensszenario überhaupt. Investoren könnten nach einem Austritt eines Landes auch gegen andere Euro-Staaten wetten. Wie bei einem Dominoeffekt müsste ein Land nach dem anderen die Euro-Zone verlassen. Doch die Zeiten haben sich geändert. „Ich glaube, die Währungsunion könnte heute einen Austritt Griechenlands verkraften. Die Ansteckungseffekte auf andere Länder wären gering“, sagt Hüther.