Am heutigen Montag startet die Weltklimakonferenz in Lima. Die Staaten ringen um den Treibhausgas-Ausstoß

Lima. Ohne Schneekanonen kann man in Deutschland derzeit Wettbewerbe wie Abfahrten, Skispringen und Biathlon vergessen. Dem Wintersport droht eine schwierige Zukunft. Ein Bote des Klimawandels? Es sind zweifelsohne Luxusprobleme gegen die von Südsee-Inseln, die ihr Staatsgebiet durch Überflutung verlieren könnten. 2014 könnte das wärmste Jahr aller Zeiten werden.

Die Klima-Karawane trifft sich nun in Perus Hauptstadt Lima, um zu verhandeln, wie der Trend noch zu stoppen ist. Zum Symbol der Erderwärmung ist der Eisbär geworden. 2004 wurden in Alaska und im Nordwesten Kanadas noch 1500 Tiere gezählt, zuletzt waren es nur noch 900. „Das sommerliche Packeis auf dem Meer ist seit Jahren auf dem Rückzug, und ohne Eis fehlt den Bären die Plattform zum Robbenjagen. Das macht das Überleben, gerade für Jungtiere, immer schwieriger“, sagt Sybille Klenzendorf vom WWF.

Bei der Klimakonferenz 2010 im mexikanischen Cancún war beschlossen worden, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen. Doch die bisherigen Maßnahmen reichen dafür nicht. In Lima, wo vom 1. bis 12. Dezember 195 Staaten verhandeln, soll das Gerüst beschlossen werden für den Uno-Weltklimavertrag, der bei der Konferenz in Paris im Jahr darauf geschaffen werden soll. Bis hin zu Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war zuletzt neue Hoffnung geschöpft worden – vor allem weil die Bremser USA und China sich ein ganz klein wenig bewegen.

US-Präsident Barack Obama hat angekündigt, dass die USA bis 2025 den Ausstoß von Treibhausgasen um 26 bis 28 Prozent im Vergleich zu 2005 reduzieren wollen. China will vom Jahr 2030 an den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids senken. Ist das wirklich ausreichend? In Berliner Regierungskreisen wird registriert: Chinas Führung sei nervös wegen Tausender ungenehmigter Demos gegen Luftverschmutzung im Land. Auch Indien bewege sich. Aber: Immer geht es auch um Lasten- und Schuldverteilung. Denn lange wuchs nur der Westen – mit entsprechender CO2-Verschmutzung.

Letztlich ruhen die Hoffnungen auf einer positiveren Entwicklung als 2009 – damals scheiterte in Kopenhagen ein erster Anlauf für ein globales Abkommen kläglich. Alle Staaten sollen möglichst bis zur Lima-Konferenz, spätestens aber bis Ende März ihre nationalen Minderungsziele vorlegen. In Peru werde es vor allem darum gehen, welche Gase einbezogen werden und auf welche Zieljahre sich die Verpflichtungen beziehen sollen, sagt der deutsche Klima-Unterhändler Karsten Sach.

Die EU will bis 2030 im Vergleich zu 1990 mindestens 40 Prozent weniger CO2 ausstoßen. China dagegen, mit Abstand größter Emittent, will bis dahin mehr Treibhausgase in die Luft blasen als heute schon. Anders als im Kyoto-Protokoll, einst von Merkel 1997 als Umweltministerin mit erstritten, könnte es keine verbindlichen Regelungen, sondern ein Sammelsurium nationaler Ziele geben, mit denen sich das Zwei-Grad-Ziel nicht mehr erreichen lässt. Ein rechtsverbindliches Abkommen scheint derzeit utopisch.

Bisher ist es oft ein frustrierendes Nullsummenspiel – die EU spart mühsam CO2 ein, andere Staaten stoßen umso mehr aus. Letztlich könnte nur ein globaler Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten den Ausstoß kontrolliert deckeln – also ein weltweiter Preis für den Ausstoß von CO2. Die Hälfte des seit dem Jahr 1750 vom Menschen verursachten Kohlendioxidausstoßes ist seit 1970 angefallen. Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung zeigt eine Grafik: die heißesten Sommer in Europa seit 1500 – 2010, 2003, 2002, 2006 und 2007. Ohne eine baldige aktive Klimaschutzpolitik läuft es bis 2100 auf drei oder sogar vier Grad Erwärmung hinaus.

Zumindest in Sachen Klimafinanzierung gab es zuletzt auch gute Nachrichten. Der grüne Klimafonds ist bereits mit 9,3 Milliarden Dollar gefüllt – 750 Millionen kommen aus Deutschland. Das Geld soll vom Klimawandel betroffenen Staaten zum Beispiel beim Schutz vor Überflutungen helfen.

Merkel kommt nun eine Schlüsselrolle zu, denn der nächste G7-Gipfel findet im Juni 2015 in Bayern statt. Dort könnte sie die Industriestaaten auf einen ehrgeizigen Kurs einschwören. Aber selbst Deutschland droht – trotz Energiewende – wegen viel Kohlestroms sein Vorreiterziel von 40 Prozent weniger Treibhausgasausstoß bis 2020 zu verfehlen.

Lutz Wicke, Professor am Institut für Umweltmanagement der Europäischen Wirtschaftshochschule Berlin, nennt sich selbst einen „grünen Schwarzen“. Der frühere Berliner Staatssekretär ist ernüchtert. „Im Grunde wird das ein Gipfel der Unverfrorenheit“, sagt er mit Blick auf die Klimagipfel in Lima und Paris. „Man will das Zwei-Grad-Ziel völkerrechtlich fixieren, aber einen Vertrag beschließen, mit dem der Klimawandel praktisch ungebremst weiter fortschreitet.“ Es gehe bisher nur um unverbindliche nationale Minderungsbeiträge. „Die reichen von minus 40 Prozent bis 2030 bei der EU bis zu null Prozent bei China.“ Bei den chinesischen Wachstumsraten sei bis dahin mindestens eine Verdopplung der gegenwärtigen jährlichen Emissionen zu erwarten. Daher sieht Wicke die Bewegung als „reine PR-Aktion“.