EU-Kommission fordert von Frankreich und Italien nur Nachbesserungen im Haushalt

Brüssel/Berlin. Während Deutschland dank seines ersten ausgeglichenen Haushalts seit 1969 zum Musterschüler der EU wird, müssen Frankreich und Italien mit ihren Etatentwürfen nachsitzen. Der Bundestag verabschiedete am Freitag für 2015 den ersten Haushalt seit 45 Jahren, der ohne neue Schulden auskommt. Der Bundeshaushalt für das kommende Jahr sieht Ausgaben von 299,1 Milliarden Euro vor. Das sind drei Milliarden Euro mehr als in diesem Jahr. Erreicht wird die schwarze Null vor allem durch stabil gehaltene Ausgaben bei wachsenden Steuereinnahmen und eine Reihe günstiger Entwicklungen. Zudem konnten Union und SPD mit 1,3 Milliarden Euro geringeren Zinsausgaben kalkulieren.

Dagegen will sich die EU-Kommission Frankreich, das die EU-Defizitvorgaben im kommenden Jahr einmal mehr verfehlen dürfte, im März erneut zur Brust nehmen und fordert bis dahin weitere Reformen. Auch das mit einem riesigen Schuldenberg kämpfende Italien steht in Brüssel unter besonderer Beobachtung. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte jedoch der „Süddeutschen Zeitung“, er wolle vorerst weder gegen Frankreich noch gegen Italien Sanktionen verhängen.

Juncker sagte, es wäre zwar einfach gewesen, jetzt Strafen zu verhängen. Er habe sich aber anders entschieden, um die Länder selbst erklären zu lassen, wie sie ihre Haushalte in Ordnung bringen wollen. „Die Länder mögen die Lektionen nicht, die aus Brüssel kommen.“ Der für den Euro zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, sagte, seine Behörde wolle die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht verwässern. Vielmehr gehe es bei einer aktuellen Überprüfung der Vorgaben darum, die Maßgaben zu straffen. Der italienische Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan lobte, dass die EU die „außergewöhnlichen Umstände“ einer tiefen Rezession anerkannt habe, deretwegen Italien die Reduzierung seines strukturellen Defizits verschieben müsse. Die Regierung in Rom war zuletzt von ihrem Ziel abgerückt, bis 2017 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

„Die Dinge müssen bis dahin vorankommen, und die EU-Kommission wird dann nicht zögern, ihrer Verantwortung nachzukommen“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. Im Falle Frankreichs seien weitere Anstrengungen und ein höheres Reformtempo sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr erforderlich. Moscovici rief Deutschland erneut dazu auf, wegen der guten Haushaltslage die öffentlichen Investitionen stärker anzukurbeln. Die EU-Kommission rügte auch die Haushaltspläne von Belgien, Spanien, Portugal, Malta und Österreich. Es ist das erste Mal, dass die Brüsseler Behörde die verschärften Regeln zur Überprüfung der Etatentwürfe in der Euro-Zone anwendet.

Der EU-Abgeordnete Herbert Reul (CDU) kritisierte, dass es nicht um atmosphärische Befindlichkeiten in den Hauptstädten gehe, sondern um die Einhaltung der EU-Haushaltsregeln. „Diese Regeln haben die Mitgliedstaaten selbst beschlossen. Sie jetzt nach Gutdünken großzügig auszulegen zerstört Vertrauen.“ Der EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU) fragte, ob aus der europäischen Schuldenkrise nichts gelernt worden sei.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) rief zwar ebenfalls dazu auf, die europäischen Vorgaben einzuhalten. Eine öffentliche Debatte darüber, dass einige Länder die Defizitgrenzen nicht einhalten, lehnte er im Deutschlandfunk jedoch ab. „Wir wissen, dass einige unserer wichtigsten Partner in einer schwierigeren Lage im Augenblick sind als wir“, sagte Schäuble. „Und wir wissen, dass wir eine gemeinsame Verantwortung haben, dass wir auch Solidarität üben müssen.“ Deutschland halte sich an die europäischen Regeln, sagte Schäuble. „Das ist auch die Voraussetzung dafür, dass wir auch bei anderen dafür eintreten können, dass auch die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten an die europäischen Regeln halten.“

Auf den Bundeshaushalt bezogen sagte Schäuble, das erreichte Ziel des ausgeglichenen Etats sei ein Erfolg, vor allem aber „eine Selbstverpflichtung für die Zukunft“. Weil die Gesellschaft immer älter werde, dürfe die Politik dauerhaft keine neuen Schulden zulasten der jüngeren Generation machen: „Daran werden wir alle, auch unsere Nachfolger, gemessen werden.“

Dass die wirtschaftliche Lage in der europäischen Währungsgemeinschaft weiter angespannt bleibt, belegten die neuesten Daten vom Arbeitsmarkt: Demnach stieg die Zahl der Arbeitssuchenden im Oktober den zweiten Monat in Folge auf 18,4 Millionen.