Ermittler legen Untersuchungsergebnisse zum Absturz von Flug MH17 vor. Der Schuldige ist noch nicht gefunden

Den Haag. Es ist der erste offizielle Untersuchungsbericht zum Absturz von Flug MH17, doch die Frage, wer die Verantwortung für die Katastrophe mit 298 Todesopfern trägt, wird nicht beantwortet. In den Untersuchungsergebnissen, die niederländische Ermittler am Dienstag der Öffentlichkeit präsentierten, heißt es, das Passagierflugzeug von Malaysia Airlines sei „von einer großen Anzahl an energiereichen Objekten“ getroffen und zum Absturz gebracht worden. Von wem und von wo – aus der Luft oder vom Boden – die Geschosse abgefeuert wurden, dazu enthält der Bericht des Dutch Safety Board keine Erkenntnisse. Der Stimmen-Rekorder, die Blackbox und die Flugüberwachung würden zeigen, dass das Flugzeug, das am 17. Juli in Amsterdam gestartet war und in Kuala Lumpur landen sollte, bis 13.20 Uhr Ortszeit wie geplant flog, dann aber „schlagartig“ vom Radar verschwand. Die Kommunikation im Flugzeug und zwischen Cockpit und Boden beinhalte keine Hinweise darauf, „dass es irgendetwas Abnormales mit dem Flug gegeben hat“. Vor dem Absturz des Flugzeugs sei auch kein Alarm ausgelöst worden.

Der Report zeugt von dramatischen Minuten nach dem Verschwinden von MH17 von den Radarschirmen. Die Bodenkontrolle in Dnipropetrowsk versuchte mehrfach, Kontakt zu den Piloten des Flugzeugs herzustellen – ohne Erfolg. Die Piloten eines Flugzeugs in der Nähe wurden gefragt, ob sie MH17 gesehen hätten. Nein, lautete die Antwort. Auch die Bodenkontrollen in Dnipropetrowsk und Rostow kommunizierten miteinander. „Ja, es ist verschwunden“, funkte Dnipropetrowsk, und Rostow antwortete: „Ja, ja, ja, nichts. Wir sehen nichts.“

Klar ist nach Ansicht der Ermittler, dass das Flugzeug in der Luft auseinanderbrach und nicht erst beim Aufschlag auf dem Boden. „Die ersten Ergebnisse der Untersuchung weisen auf eine externe Ursache für den Crash von MH17 hin“, sagte Tjibbe Joustra, Vorsitzender der Ermittlungskommission: „Weitere Ermittlungen sind notwendig, um die Ursache genauer zu bestimmen. Das Safety Board ist der Ansicht, dass in der nächsten Zeit zusätzliche Beweise zur Verfügung stehen werden.“ Bis dahin dürfte weiter spekuliert werden, wer die Verantwortung für fast 300 Tote trägt. Kurz nach dem Absturz hatte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko behauptet, es gebe „unwiderlegbare Indizien“ dafür, dass russische Kräfte verantwortlich seien. US-Außenminister John Kerry führte „Bilder vom Raketenabschuss“ als Beleg an. Wenig später stellte der US-amerikanische Geheimdienst CIA aber klar, dass es keine Beweise für die russische Schuld gebe.

Seitdem werden auch andere Theorien diskutiert, zudem behauptet die russische Regierung, weder direkt noch indirekt etwas mit dem Absturz zu tun zu haben. In russlandfreundlichen Medien ist die Rede davon, dass MH17 nicht von prorussischen Separatisten per Boden-Luft-Rakete vom Himmel geholt wurde, sondern von einem ukrainischen Kampfjet, der das Flugzeug mit Maschinengewehren beschossen haben soll. Die russische Regierung hatte behauptet, auf Radarbildern sei zu erkennen, dass in der Nähe von MH17 ein SU-25-Kampfjet des ukrainischen Militärs geflogen war. Zu diesem Schluss kommen die niederländischen Ermittler nach Begutachtung der ukrainischen und russischen Radaraufnahmen allerdings nicht. Unter dem Punkt „Anderer Verkehr“ ist nur von „von drei anderen kommerziellen Flugzeugen“ die Rede, die zur Zeit des Verschwindens von MH17 im selben Luftraum unterwegs waren.

Auch Fotos des Wracks, auf denen Einschusslöcher zu sehen sind, taugen – anders als vielfach behauptet – nicht als Beweis für den Beschuss von MH17 durch ein Kampfflugzeug. Im Bericht heißt es dazu nur, dass Wrackteile „zahlreiche Löcher und Kerben“ aufwiesen. Dass die Ermittler nicht den kompletten Inhalt des Stimmen-Rekorders veröffentlichen, entspricht den Regularien der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation. Verschwörungstheoretiker sind dagegen sicher, der Stimmen-Rekorder liefere Beweise dafür, dass die Crew von MH17 die Gefahr durch einen ukrainischen Kampfjet erkannte, der die Passagiermaschine kurz darauf vom Himmel holte. Derlei Spekulationen wies das Dutch Safety Board in aller Deutlichkeit zurück.