Die Einigung kommt kurz nach dem Beschluss der Nato für eine schnelle Eingreiftruppe. Bundeskanzlerin Merkel stellt Bedingungen. Beschäftigen die Separatisten Zwangsarbeiter?

Minsk/Kiew/Berlin. Die Konfliktparteien in der Ukraine haben nach Angaben der prorussischen Separatisten eine Waffenruhe vereinbart. Das gaben Vertreter der Separatisten am Freitag nach Verhandlungen der Ukraine-Kontaktgruppe in Minsk bekannt. In der weißrussischen Hauptstadt waren Vertreter Kiews, Moskaus, der Separatisten und der OSZE zusammengekommen, um den fünfmonatigen Kampfhandlungen im Osten der Ukraine ein Ende zu setzen.

Die Feuerpause solle noch am Freitag um 17 Uhr (MESZ) in Kraft treten, zitiert die Agentur Interfax eine mit den Gesprächen vertraute Person.

Der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, hat die Unterzeichnung eines Friedensplans bestätigt. Auch die OSZE bestätigte die Einigung.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Russland eine Aussetzung der geplanten neuen Sanktionen in Aussicht gestellt, falls es zu einem Waffenstillstand und einer deutlichen Entspannung der Lage in der Ostukraine kommt. „Es ist alles im Fluss“, sagte Merkel beim Nato-Gipfel im walisischen Newport.

Für einen echten Waffenstillstand reiche ein Beschluss allein nicht aus. Es müsse geklärt werden, ob die Waffenruhe eingehalten werde, ob sich russische Truppen, so sie vor Ort seien, zurückzögen und ob Pufferzonen eingerichtet würden. „Deshalb muss man damit rechnen, dass diese Sanktionen durchaus in Kraft gesetzt werden könnten“, betonte Merkel.

„Aber dann auch mit der Maßgabe, dass sie auch wieder suspendiert werden können, wenn wir sehen, dass dieser Prozess wirklich abläuft“.

Die Nato hatte zuvor die Schaffung einer sehr schnell einsetzbaren Truppe beschlossen, um innerhalb weniger Tage auf Bedrohungen reagieren zu können. Das teilte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen mit. Außerdem wurde ein Aktionsplan für Osteuropa beschlossen.

Mit der „Speerspitze“ signalisiert das Bündnis, dass es einen russischen Angriff auf seine östlichen Mitglieder verhindern will. Grundsätzlich soll die Truppe aber überall einsetzbar sein.

Die Truppe soll 3000 bis 5000 Soldaten umfassen und innerhalb von zwei bis drei Tagen einsatzbereit sein. Sie wird Teil der Schnellen Eingreiftruppe der Nato (Nato Response Force/NRF) sein.

Falls die „Speerspitze“ eingesetzt wird, sollen die Soldaten nur mit leichtem Gepäck ausgerüstet sein. Fahrzeuge, Waffen, Munition und andere Ausrüstung werden den Plänen zufolge in möglichen Einsatzländern gelagert.

Unterdessen hat die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) den Separatisten unter Berufung auf zahlreiche Augenzeugen vorgeworfen, Zwangsarbeiter zu beschäftigen. Sie müssten Sandsäcke füllen und Gräben ausheben.

Den Angaben zufolge müssen die Angehörigen dieser „Strafkolonnen“ ihren Dienst meist in der Nähe von Kontrollpunkten der prorussischen Rebellen verrichten. Da diese Straßensperren oft Ziel von Angriffen seien, schwebten die Zwangsarbeiter permanent in Lebensgefahr, erklärte HRW. Betroffen seien „Hunderte von Menschen“, sagte der HRW-Regionaldirektor für Europa und Zentralasien, Hugh Williamson.

Nach Angaben von HRW bestehen die „Strafkolonnen“ aus Zivilisten, die von den Aufständischen wegen Ordnungswidrigkeiten angehalten werden. Zur Zwangsarbeit würden beispielsweise Männer herangezogen, die auf der Straße Alkohol getrunken oder gegen die Ausgangssperre verstoßen hätten.

Das Uno-Hochkommissariat für Menschenrechte hatte den Separatisten kürzlich vorgeworfen, diese hätten in den von ihnen kontrollierten Städten eine regelrechte „Terrorherrschaft“ etabliert.