Nur wenige Stunden vor dem Beginn der Gespräche über eine Waffenruhe gab es an mehreren Orten in der Ukraine Kämpfe. Vertreter des Landes und der Rebellen treffen sich in Minsk.

Mariupol/Brüssel. Ungeachtet der erwarteten Einigung auf eine Feuerpause halten die Kämpfe in der Ostukraine an. Wenige Stunden vor dem Beginn der Gespräche über eine Waffenruhe in Minsk war in der Hafenstadt Mariupol am Freitagmorgen Gefechtslärm zu hören. Auch nahe des Flughafens von Donezk wurde einem Reuters-Reporter zufolge gekämpft. Bei Mariupol versuchte die Armee nach ukrainischen Angaben eine Großoffensive prorussischer Rebellen zurückzuschlagen. Vertreter der Ukraine und der Rebellen trafen am Morgen in Minsk ein, wo sie sich im Laufe des Tages unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) in Minsk treffen wollen. Damit verbunden ist die Hoffnung auf einen Waffenstillstand. In Brüssel wollten die EU-Botschafter über neue Wirtschaftssanktionen gegen Russland beraten. Die möglichen Strafmaßnahmen sollen wegen der Verhandlungen in Minsk Diplomaten zufolge aber nicht unmittelbar in Kraft treten.

Der Bürgermeister von Mariupol, Juri Chotlubej, sagte dem TV-Sender 112: „Unsere Artillerie ist angekommen und wird gegen die Rebellen in Stellung gebracht.“ Während er sprach ertönten Artillerie-Einschläge östlich des Stadtzentrums. Der Kommandeur einer ukrainischen Miliz sagte der Nachrichtenagentur Reuters, sie sei die ganze Nacht über von den prorussischen Aufständischen beschossen worden. Der Vorstoß der Rebellen werde weiter abgewehrt. „Sie stehen uns mit Panzern und Artillerie gegenüber“, fügte er hinzu. Vertreter der Separatisten sagten der Agentur Interfax, dass bei den Kämpfen um Mariupol am Donnerstag rund 50 ukrainische Soldaten getötet oder verwundet worden seien. Drei seien gefangen genommen worden. Die Hafenstadt am Asowschen Meer mit rund einer halben Million Einwohner ist strategisch wichtig etwa auf halbem Weg zwischen der russischen Grenze und der von Russland annektierten Halbinsel Krim gelegen. Zudem ist sie bedeutend für den ukrainischen Stahlexport.

Trotz der Kämpfe will die EU Diplomaten zufolge dem russischen Präsidenten Wladimir Putin rund eine Woche Zeit für die Umsetzung des Friedensplans geben. Die EU-Botschafter sollten zwar ein fertiges Sanktionspaket ausarbeiten. Einem Diplomaten zufolge könne aber auf die Strafmaßnahmen verzichtet werden, wenn die Waffenruhe halten sollte.

Der britische Außenminister Philip Hammond sprach sich indes dafür aus, die Sanktionen voranzutreiben. Sollte die Feuerpause halten, könnten die Maßnahmen wieder aufgehoben werden. Präsident Putin wisse zugleich, dass es rund um die Nato-Staaten eine „rote Linie“ gebe, fügte Hammond in einem BBC-Interview mit Blick auf die Beistandsverpflichtungen des Militärbündnisses hinzu.