Moskau. Bei Champagner und Kaviar in Sotschi scheint die internationale Krise um die Halbinsel Krim sehr weit weg zu sein von Wladimir Putin. Mit dem deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach diskutiert der Kremlchef am Rande der Paralympics über den Weltsport, mit Formel-1-Boss Bernie Ecclestone spricht er in der Schwarzmeerstadt über eine engere Zusammenarbeit. Ausführlich wie nie berichten russische Medien über den Behindertensport. Vor den Kameras des russischen Staatsfernsehens demonstriert Putin Normalität – obwohl die Krim gerade einmal 450 Kilometer entfernt ist von Sotschi.

Zur schwersten Krise seit Ende des Kalten Krieges meldet sich der Präsident bisher nur einmal zu Wort. Handverlesenen russischen Reportern erklärte er vor wenigen Tagen seine Sicht auf eine mögliche Lösung des Konflikts im Nachbarland. Nein, er will keinen Krieg mit der Ukraine, sagte er. Putin möchte die Wogen glätten – und wohl auch die vom angedrohten Militäreinsatz gestörten Finanzmärkte beruhigen. Aber das Verhalten von Nato, EU und USA in seinem Interessengebiet will er nicht mehr so hinnehmen.

Im Westen erntet Russlands starker Mann für seine Ukraine-Politik heftige Kritik und Sanktionsdrohungen, doch daheim gibt es von vielen Applaus. So erklären mehr als 150 Künstler in einem offenen Brief demonstrativ Putin ihre Unterstützung in der Krim-Krise, darunter die Leitung des Bolschoi-Theaters und Funktionäre des Puschkin-Museums. In einer Erhebung des Fonds Öffentliche Meinung (FOM) geben 53 Prozent an, der Politik ihres Staatschefs zuzustimmen – fünf Prozentpunkte mehr als vor zwei Wochen. Das unabhängige Forschungszentrum Lewada nennt für die Kremlpartei Geeintes Russland einen Popularitätswert von 56 Prozent. „Putin war zuletzt bei seiner Wiederwahl 2012 so beliebt“, sagt Alexej Lewinson vom Lewada-Zentrum.

„In der Bevölkerung dürfte insgesamt das Gefühl vorherrschen, Putin mache in der Krim-Frage eine Art historisches Unrecht wieder gut“, sagt der Politologe Dmitri Oreschkin dem Radiosender Echo Moskwy. „Viele Russen applaudieren Putin auch, weil er den Westen in die Schranken gewiesen hat.“