Dramatische Entwicklung auf der Krim. Putin gewährt Ex-Diktator Janukowitsch Asyl

Brüssel/Moskau/Kiew. Die sich überschlagenden Ereignisse in der Ukraine-Krise schüren weltweit die Sorgen vor einem neuen internationalen Konflikt. Russlands Präsident Wladimir Putin mobilisierte Truppen an der Grenze zur Ukraine für ein Militärmanöver, Fliegerstaffeln wurden in Alarmbereitschaft versetzt. In Moskau hieß es, man werde die Rechte der Russen in der Ukraine „stark und kompromisslos“ verteidigen.

Auf der ukrainischen Halbinsel Krim, wo sich auch ein großer russischer Marinestützpunkt befindet, besetzten wütende prorussische Gruppen das Parlamentsgebäude und den Regierungssitz in der Regionalhauptstadt Simferopol. Die Regierung wurde für abgesetzt erklärt. Die Volksvertretung der Krim beraumte für den 25. Mai eine Volksbefragung über die Autonomie der Region an. Unterdessen gewährte Kreml-Chef Putin dem geflüchteten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch Zuflucht in Russland.

Die westlichen Staaten warnten Moskau eindringlich vor einem militärischen Eingreifen in der Ukraine. „Ich bin extrem besorgt über die Entwicklungen auf der Krim“, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Donnerstag in Brüssel nach Beratungen der Allianz: „Ich fordere Russland dringend auf, keine Handlungen zu unternehmen, die Spannungen verschärfen oder zu Missverständnissen führen können.“ US-Verteidigungsminister Chuck Hagel sagte, die Nato werde das russische Manöver „genau beobachten“. Es müsse sehr „transparent“ ablaufen. Es dürfe von keiner Seite „provokative Aktionen“ geben. An die Regierung in Moskau gewandt sagte Hagel: „Lasst uns die Spannungen abbauen.“

Bei ihrem Besuch in London, wo sie auch mit Königin Elizabeth II. zusammentraf, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der neuen Führung der Ukraine ihre Unterstützung zu. Wichtig sei, die Einheit des Landes zu bewahren. Allerdings müsse die Regierung in Kiew auch die Rechte der russischen Minderheit beachten.

Vor allem die Lage auf der Krim mit ihrer mehrheitlich russischstämmigen Bevölkerung spitzt sich immer mehr zu. Am Donnerstagmorgen hatten Männer die Eingangstüren des Parlamentsgebäudes zerschossen und sich Zugang verschafft. Die Gruppe bezeichnete sich als „Selbstverteidiger der russischsprachigen Bevölkerung“ auf der Schwarzmeer-Halbinsel, die vor 60 Jahren der Ukraine zugeschlagen wurde. Über dem Gebäude wurde die russische Flagge gehisst. Eine Sprecherin des Regionalparlaments erklärte sich solidarisch: „Durch die verfassungswidrige Machtübernahme in der Ukraine von radikalen Nationalisten und mit Unterstützung bewaffneter Banden sind Friede und Ruhe auf der Krim gefährdet.“

Der neue ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow flog selbst auf die Halbinsel, um sich ein Bild zu machen. Er warnte den Kreml: Sollten sich Soldaten der Schwarzmeer-Flotte in Sewastopol unangemeldet außerhalb der vertraglich festgelegten Zonen bewegen, werde dies als „militärische Aggression“ gewertet.

An vielen internationalen Börsen sorgten die Entwicklungen in der Ukraine für fallende Kurse. Der Deutsche Aktienindex DAX schloss 0,76 Prozent tiefer bei 9588,33 Punkten.