Demonstrationsverbot löst neue Gewalt in Kiew aus. Die trifft auch Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko, der in der ukrainischen Hauptstadt mit einem Feuerlöscher attackiert wurde.

Kiew. Nach den schweren Zusammenstößen von ukrainischen Regierungsgegnern mit der Polizei in Kiew ist die Lage in der Ex-Sowjetrepublik weiter gespannt. Dutzende gewaltbereite Oppositionelle hielten am Montag weiter die Stellung am Dynamo-Stadion im Zentrum von Kiew. Der prorussische Präsident Viktor Janukowitsch hat nach einem Treffen mit dem proeuropäischen Oppositionspolitiker und Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko die Gründung einer Krisen-Kommission angekündigt.

Zuvor hatte es in Kiew am Sonntag bei neuen Massenprotesten ukrainischer Regierungsgegner Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften gegeben, bei denen rund 30 Menschen verletzt wurden. Polizisten gingen am Abend mit Wasserwerfern, Tränengas und Blendgranaten gegen Steine und Rauchbomben werfende Demonstranten im Stadtzentrum vor. Rund 200.000 Menschen waren bereits gegen Mittag trotz des Demonstrationsverbots bei Minusgraden auf die Straßen gegangen.

Gegen Ende der Kundgebungen spitzte sich die Lage dramatisch zu: Mehrere Hundert mit Holzknüppeln bewaffnete und mit Masken vermummte Demonstranten warfen auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) Steine und Molotowcocktails auf die Sicherheitskräfte. Sie wollten eine Polizeiabsperrung durchbrechen und offenbar das Parlamentsgebäude stürmen. Mindestens ein Polizeifahrzeug wurde in Brand gesetzt. Die Beamten setzten Tränengas und Schlagstöcke ein.

Klitschko mit Feuerlöscher besprüht

Oppositionsführer Klitschko von der Partei Udar (Schlag) versuchte die Menschenmenge zu beruhigen und forderte die Demonstranten auf, die Polizei nicht zu provozieren. Daraufhin griff ihn die aufgebrachte Menge an, er wurde mit einem Feuerlöscher besprüht. Klitschko rief Präsident Janukowitsch auf, die Polizei abzuziehen. Arseni Jazenjuk von der Vaterlandspartei der inhaftierten ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko warnte ebenfalls vor „Gewalt“ und „Provokationen“.

Präsident Viktor Janukowitsch hatte am Freitag ein Gesetzespaket unterzeichnet, welches das Demonstrationsrecht beschneidet. Es sieht unter anderem Geldstrafen für Demonstranten vor, die sich mit Gesichtsmasken vermummen oder Helme tragen. Für den nicht genehmigten Aufbau von Bühnen und Zelten auf öffentlichen Plätzen können 15 Tage Haft verhängt werden, bis zu fünf Jahre Gefängnis drohen für die Blockade öffentlicher Gebäude. Außerdem hatte ein Gericht am Mittwoch ohne Angaben von Gründen entschieden, dass im Zentrum von Kiew bis zum 8. März nicht mehr demonstriert werden dürfe.

Klitschko erklärte von einer Bühne auf dem Maidan aus die neue Gesetzgebung für „illegal“. Jazenjuk sprach dem Parlament jegliche Legitimität ab und verlangte die Gründung eines „Volksrats aus Politikern der Opposition“. Aus der Menge gab es aber auch Pfiffe, da die Protestbewegung angesichts fehlender Erfolge zuletzt Ermüdungserscheinungen zeigte.

Der Unabhängigkeitsplatz in Kiew ist seit November die zentrale Anlaufstelle für die Oppositionsanhänger. Sie protestieren gegen die Entscheidung Janukowitschs, ein über Jahre ausgehandeltes Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union nicht zu unterzeichnen. Der Präsident handelte dabei offenbar auf Druck Russlands, das ihm anschließend einen Milliardenkredit und einen Preisnachlass bei Gaslieferungen gewährte.