Jugendarbeitslosigkeit ist Thema bei Gipfeln und Konferenzen – auch heute in Berlin

Madrid/Athen/Berlin. Seit Monaten sucht Filipe einen Job. „Die Lage ist kritisch, sehr kritisch“, murmelt der 22 Jahre alte Portugiese und schüttelt verzweifelt den Kopf. Als der frühere Marinetaucher aus dem Lissabonner Vorort Barreiro zuletzt eine Arbeit hatte, ging es ihm kaum besser als jetzt: Bei einer privaten Tauchschule bekam er selbst nach einer mehrmonatigen Einarbeitungszeit entgegen der Absprache keinen Cent. Millionen junger Europäer geht es ähnlich wie Filipe: In der EU sind 5,5 Millionen Jugendliche und junge Leute unter 25 Jahre ohne Job.

In den Euro-Krisenstaaten ließen die Rezession und die Sparpolitik die Jugendarbeitslosigkeit auf immer neue Rekordwerte steigen: In Portugal liegt die Arbeitslosenquote nach der EU-Statistikbehörde Eurostat bei den unter 25-Jährigen bei 42,1 Prozent, in Spanien bei 56,5 und in Griechenland bei 59,2 Prozent. Von einer „verlorenen Generation“ ist schon die Rede.

In Griechenland hat sich die Krankenschwester Nina nach einem dreijährigen Studium bei allen staatlichen und privaten Krankenhäusern beworben. „Keine Chance“, sagt sie. „Ich habe keine Lust mehr.“ Nun lernt sie Englisch und will nach Australien auswandern. Der Spanier Andrés verschickte nach dem Abschluss seines Betriebswirtschaftsstudiums 183 Bewerbungen – und bekam keine einzige Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. „Wenn es Arbeit gibt, dann Aushilfsjobs in Restaurants oder Kleiderläden für ein paar Hundert Euro im Monat“, erzählt der 25-Jährige.

Experten zufolge ist der Arbeitsmarkt in Spanien zweigeteilt in zeitlich befristete Kurzzeitjobs und feste Arbeitsplätze mit Kündigungsschutz. Junge Leute können sich allenfalls Hoffnung auf eine zeitlich befristete Arbeit machen, aber diese Jobs sind in Krisenzeiten die ersten, die gestrichen werden. „In Spanien sind die Aussichten, eine feste Arbeit zu finden, zu gering, und die Wahrscheinlichkeit, einen Gelegenheitsjob zu verlieren, zu hoch“, kritisiert der Weltwährungsfonds (IWF). Spanien konnte sich bislang jedoch nicht dazu durchringen, die scharfe Trennung zu überwinden.

Die Kurzzeitjobs werden häufig schwarz angeboten. Die Schattenwirtschaft ist in den südeuropäischen Euro-Krisenländern zu einem Auffangnetz für junge Leute geworden, die Arbeit suchen. Ein weiteres Netz bilden die Familien. Deren Zusammenhalt ist in Spanien, Portugal oder Griechenland enger als in anderen Teilen Europas. „Wenn ich bis September keine 500-Euro-Stelle bekomme, ziehe ich aus Madrid wieder zu meinen Eltern nach Galicien“, sagt der Betriebswirt Andrés. „Ich fühle mich als Versager.“

Das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa, dem die EU lange Zeit relativ wenig Beachtung geschenkt hatte, ist zu einem zentralen Thema auf EU-Gipfeln und -Konferenzen geworden. So auch am heutigen Mittwoch in Berlin. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht die EU mittlerweile geschlossen im Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit. Vom gemeinsamen Treffen der Staats- und Regierungschefs mit den Arbeitsministern und den Leitern der Arbeitsagenturen der anderen 27 EU-Länder erwartet sie konkrete Fortschritte. „Es wird zum ersten Mal ein konkreter, ausgewogener Instrumentenkasten auf dem Tisch liegen, der unterlegt ist mit finanziellen Mitteln“, sagte sie.

Die spanische Sozialwissenschaftlerin Maria Àngels Valls warnt allerdings davor, sich beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit allein auf junge Leute zu konzentrieren. „Die Erwerbslosen unter 25 Jahren machen nur 15 Prozent der Gesamtzahl der Arbeitslosen aus“, sagte sie der El Periódico“.