Hassan Rohani weckt im In- und Ausland die Hoffnung auf einen Wandel. Aber Ajatollah Chamenei bleibt die wichtigste politische Instanz

Teheran. Es ist ein knappes Ergebnis, aber dennoch eindeutig: Mit 50,68 Prozent der Stimmen hat sich der einzige als moderat geltende Präsidentenkandidat, Hassan Rohani, im Iran durchgesetzt. Es dürften auch die Stimmen der Reformanhänger sein, die im Jahr 2009 als grüne Bewegung für einen Wandel in der Islamischen Republik auf die Straßen gegangen sind, die ihm zum Sieg verholfen haben.

Ein radikaler Reformer ist Rohani allerdings nicht. Er war vielmehr der Moderateste derer, die nach der Vorauswahl der zwölf vom obersten religiösen Führer Ajatollah Ali Chamenei bestimmten Geistlichen des Wächterrates, noch im Rennen waren. Die übrigen fünf Kandidaten galten als erzkonservativ. Von ihnen konnte Teherans Bürgermeister Mohammed Bagher Ghalibaf mit 16,5 Prozent am meisten gewinnen.

„Ich freue mich, dass im Iran endlich wieder die Sonne der Vernunft und der Mäßigung scheint“, sagte Rohani am Abend seines Wahlsiegs. „Ich werde zu dem stehen, was ich dem iranischen Volk versprochen habe, und ich werde nicht damit aufhören, bis es erreicht ist.“ Auf der Grundlage von Fairness und gegenseitigem Respekt hoffe er, dass der Westen jetzt eine neue Haltung zum Iran einnehmen könne.

In Teheran stürmten nach Verkündung des offiziellen Wahlergebnisses mehrere Zehntausend seiner Anhänger auf die Straßen und feierten. „Ahmadi, bye-bye“-Rufe, gerichtet an den amtierenden Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, waren zu hören. Andere sangen: „Rohani, kümmere dich um das Wohl des Landes.“ Der oberste Geistliche Führer des Iran, Ajatollah Chamenei, gratulierte dem 64-Jährigen noch am Sonnabenabend. Es wird allerdings bezweifelt, dass er den Kurs Rohanis mittragen wird und dieser wirkliche Veränderungen bringen kann.

Rohani war der moderateste Kandidat und hatte den Wählern viel versprochen

Meir Javedanfar, israelischer Iran-Experte und Direktor der „Middle East Economic and Political Analysis Company“ sieht in der Amtsführung von Noch-Präsident Mahmud Ahmadinedschad einen Grund für Rohanis Sieg: „Ahmadinedschads Politik hat viele Menschen überzeugt, dass der Iran seine Richtung ändern muss“, sagt er.

Da ist Rohani als offener Kritiker Ahmadinedschads der Passende. Er war wegen der kompromisslosen Atompolitik des amtierenden Präsidenten sogar 2005 als Chefunterhändler für das iranische Atomprogramm zurückgetreten. Und schon bei seiner Bewerbung um die Kandidatur warf er der aktuellen Regierung vor, dass der Atomkonflikt zulasten der Iraner ausgetragen würde – ein Seitenhieb auf den Präsidenten.

Rohani hatte den Wählern vieles versprochen. Der Streit um das iranische Nuklearprogramm müsse mit „richtigen Verhandlungen“ gelöst werden, sagte er. Er sprach davon, dass er eine „Politik der Versöhnung und des Friedens“ mit dem Westen verfolge. Er habe das Ziel, die Kritiker von der friedlichen Absicht des Atomprogramms zu überzeugen. „Wir brauchen keinen Extremismus“, sagte er im Staatsfernsehen und bezog sich dabei auch auf die Innenpolitik. Er versprach mehr Meinungsfreiheit, eine Bürgerrechts-Charta und sogar die Entlassung der politischen Gefangenen.

Hinter all den Versprechen steht ein Mann, der schon viele Erfahrungen auf der politischen Bühne des Iran gesammelt hat und zugleich der einzige Geistliche im Rennen um das Präsidentenamt war. Schon als Jugendlicher soll Rohani, der aus Sorcheh im Zentraliran stammt, sich intensiv mit dem Islam beschäftigt haben. Dann studierte er laut eigener Biografie auf seiner Webseite an der Universität Teheran Rechtswissenschaften und begann 1973 sogar noch einen Masterstudiengang in Jura an der Caledonian-Universität von Glasgow. Auch sprachlich begabt ist er: Arabisch, Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch spricht Rohani nach eigenen Angaben.

Im Ausland werden hohe Erwartungen an den neuen Präsidenten geknüpft: Ob Rohani wirklich etwas verändern kann, ist nach der Wahl die entscheidende Frage. Viele Beobachter sind skeptisch, so auch Meir Javedanfar. „Rohani will Veränderung, aber es kommt darauf an, ob Ajatollah Chamenei das will“, sagte er.