Der US-Präsident macht sich beim Korrespondenten-Dinner über die Medien und eigene verbale Ausrutscher lustig.

Washington. Wer sich sorgte, wie Barack Hussein Obama nach seinem Ausscheiden aus dem Amt mit dann nur 55 Jahren sein Geld verdienen könnte, mag beruhigt sein: Jeder Comedy-Klub in den USA würde diesem Komiker, der bei seinen Witzen so unglaublich ernst bleiben kann, ein Engagement anbieten. Das ist die einhellige Meinung von Freunden, Feinden, Hollywood-Stars und Medienleuten, die sich für Stars halten, nach dem White House Correspondents’ Dinner am Sonnabend im Washingtoner Hilton-Hotel. Der Präsident stach mühelos Gastgeber Conan O’Brien aus, der Gags abspulte wie von einer Checkliste. Obama ließ sich hingegen seine von Ghostwritern gefertigten Pointen auf der Zunge zergehen: „Mein Job ist es, Präsident zu sein“, wandte er sich an die Journalisten, „Ihr Job ist es, mich demütig zu halten. Ehrlich gesagt glaube ich, dass ich meinen Job besser mache.“

Bill Clinton war eine Naturbegabung. George W. Bush wirkte nie sympathischer als bei den Auftritten, die Amerikas Monarchen als seinen eigenen Hofnarren vorführen. Präsidenten nehmen sich in karnevaleskem Tonfall die Medien und die Opposition vor, doch was am Ende zählt, ist, wie überzeugend ihre Selbstironie wirkt. Obama hat unter Beweis gestellt, dass er Soulballaden singen, tanzen, mit Würde Körbe mit Basketbällen verfehlen und mit schwarzem „Swagger“ auf Bühnen springen kann. Sein komödiantisches Timing und echtes Talent überrascht am meisten jene, die ihn für entrückt und hochmütig halten. Einen der fröhlichsten Lacher erzielte der 44. US-Präsident, als er zu seinem Porträt auf dem Titel des Rentner-Magazins „Senior Leisure“ wehmütig bekannte: „Ich bin nicht mehr der stramme junge muslimische Sozialist, der ich einmal war.“

Auf einen seiner bittersten und reichsten Feinde, den Kasino-Milliardär Seldon Adelson in Las Vegas, münzte Obama den Scherz: „100 Millionen Dollar hat Adelson für negative Wahlwerbung ausgegeben. Mann, für so viel Geld kann man eine Insel kaufen und sie Nobama nennen. Oder man könnte es mir anbieten für den Verzicht auf meine Kandidatur.“ Rupert Murdochs FoxNews, ein Sender, der einen zähen Glaubenskrieg gegen Obama und die Demokraten führt, hieß er im Publikum mit einer höllischen Pointe willkommen. In Erinnerung an einen von Fox mit Lust aufgegriffenen Netzsturm über einen Teufelsdarsteller in einer Bibel-TV-Serie, der Obama gleichen sollte, sagte der Präsident: „History Channel ist heute nicht hier; ich vermute, man schämt sich dort wegen dieser ‚Obama ist der Teufel‘-Sache. Das hat FoxNews natürlich nicht abgehalten, heute zu kommen. Dort meint man, der Vergleich sei unfair – gegenüber Satan.“

Obama verschont auch ihm gewogene Medien nicht

Auch dem Präsidenten gewogene Medien wie der TV-Kabelkanal MSNBC, der zwei seiner früheren engsten Berater unter Vertrag genommen hat, bekamen ihren Spott ab: „David Axelrod arbeitet jetzt für MSNBC. Was ein schöner Tempowechsel ist, nachdem MSNBC für David Axelrod gearbeitet hat.“ An die „New York Times“-Kolumnistin Maureen Dowd, die bisweilen anfallartig ihre Desillusionierung mit dem Präsidenten kundtut und ihm sogar nahelegt, von Hollywood-Präsidenten zu lernen, richtete er seinen Dank: „Dowd sagte, ich könne alle meine Probleme lösen, wenn ich nur mehr wie Michael Douglas in ‚The American President‘ wäre. Ich weiß, dass Michael heute hier ist. Michael, Mann, was ist dein Geheimnis? Melde dich bei mir!“

Auf eigene Kosten ging das Eingeständnis, schlechte Kritiken von Rechten wie von Feministinnen bekommen zu haben, als er die kalifornische Justizministerin Kamala Harris als „best looking attorney general in the country“ gerühmt hatte: „Wie Sie sich denken können, bekam ich Ärger, als ich nach Hause kam.“ Pause – alle schauen auf Michelle Obama. „Wer hätte geahnt, dass (US-Justizminister) Eric Holder so sensibel ist?“ Er wolle seine Charmeoffensive gegenüber den Republikanern auf jeden Fall fortsetzen, versprach der Präsident und beschrieb Fraternisierungsmodelle mit seinen ärgsten Feinden: „Barbecue mit Ted Cruz in Texas, Blue Grass Rodeo mit Rand Paul in Kentucky, eine Bücherverbrennung mit (der Tea-Party-Ikone) Michelle Bachman.“

In früheren Jahren war Sarah Palin ein sicheres Ziel für präsidialen Spott. Sie ist zu unwichtig geworden. Was sie nicht abhielt, in einem realsatirischen Zwischenschrei Obamas Auftritt und sein Publikum beim White House Correspondents’ Dinner in einem Twitter zu verdammen: „Dieses WHCD war blöde. Der Rest Amerikas reißt sich unseren (sic) Arsch auf, und diese DC-Arschclowns machen sich eine Nerd-Prom-Party.“ Später erläuterte Palin für die gemeine Volksseele auf Facebook, wie perfide das alles sei, „während Amerika unter Steuern begraben wird und für unsere Rechte kämpft“. Wer Sarah Palin hört, empfindet schmerzlich den Verlust für die Gagschreiber des Präsidenten. Vielleicht nächstes Jahr.

Unterdessen hat das FBI in Mississippi einen 41-jährigen Mann festgenommen, der Giftbriefe an Obama und einen Senator verschickt haben soll. Wie eine Sprecherin der Bundespolizei bestätigte, wurde James Everett Dutschke in seinem Haus in Tupelo gefasst. Die Staatsanwaltschaft erhob bereits Anklage gegen ihn. Zunächst war ein Bekannter von Dutschke, der Elvis-Imitator Paul Kevin Curtis, als Absender der giftigen Post in Verdacht geraten und angeklagt worden. Die Vorwürfe gegen ihn wurden dann aber fallen gelassen. Nach Medienberichten gilt es als möglich, dass Dutschke die Briefe verschickte, um Curtis zu belasten.