Stichwahl um das tschechische Präsidentenamt verspricht spannend zu werden. Für Fürst Karel Schwarzenberg könnte es eng werden.

Prag. Es wird eng für den tschechischen Präsidentschaftskandidaten und Fürsten Karel Schwarzenberg. Im Kampf um das prestigeträchtige Amt auf dem Prager Hradschin greift das Lager des linken Kontrahenten Milos Zeman in die nationalistische Trickkiste. Präsidenten müssten ihr ganzes Leben in Tschechien verbracht haben, wettert das scheidende Staatsoberhaupt Vaclav Klaus. Und seine Frau Livia fügt gleich hinzu: Eine First Lady, die nur deutsch spreche, könne sie sich nicht vorstellen.

Schwarzenberg (75) ging 1948 als Kind ins Wiener Exil und kehrte erst nach der demokratischen Wende von 1989 zurück. Der amtierende Außenminister zählt zum Hochadel und fühlt sich als Europäer. Seine Frau, die Ärztin Therese von Schwarzenberg, lebt in Österreich. Nun ist der Wahlkampf für den beliebten Fliegenträger zu einer Art Staatsbürgerschafts-Test mutiert. „Jeder weiß, dass ich undeutlich nuschele“, muss er Kritik an seiner Tschechisch-Aussprache abwehren.

Was ein Fest der Demokratie werden sollte, ist zu einer hitzigen Schlammschlacht geworden. Empört berichtete die seriöse Zeitung „Lidove Noviny“, wie Zeman-Mitarbeiter böse Gerüchte verbreiteten: Auf dem Familienschloss der Schwarzenbergs in Österreich würden Bilder von Hakenkreuzen und Hitler-Grüßen hängen. Am nächsten Tag sah sich Zeman (68) zu einer öffentlichen Entschuldigung gezwungen.

„In der zweiten Wahlrunde ist die Stimmung umgeschlagen“, meint der junge Star-Ökonom und Buchautor Tomas Sedlacek. Noch eine Woche zuvor hätten die Tschechen stolz auf eine positiv geführte Kampagne ohne Tiefschläge sein können, sagt Sedlacek der Nachrichtenagentur dpa. „Und was wäre, wenn die Präsidentengattin aus Kuala Lumpur käme?“ fragt er. Das seien doch Attacken auf banalem Niveau.

Fast 70 Jahre nach Kriegsende wird sogar die Vertreibung von drei Millionen Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Wahlkampf-Thema. Die Vertreibungsdekrete und darauf fußende Gesetze seien „untrennbar Teil der tschechischen Rechtsordnung“, poltert Zeman in einem Fernsehduell. Und er kritisiert seinen Widersacher scharf: „Wer einen tschechoslowakischen Präsidenten als Kriegsverbrecher bezeichnet, spricht wie ein sudetendeutscher Funktionär.“

Tschechiens Chef-Diplomat Schwarzenberg hatte aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht und die Vertreibung kritisiert. „Ich werfe unseren Vorfahren vor, dass sie das Prinzip der Kollektivschuld angewendet haben“, sagte der Außenminister. Heute würde sich der damalige Präsident Edvard Benes in Den Haag wiederfinden – so wie Ex-Generäle aus Afrika vor dem Internationalen Strafgerichtshof.

Schwarzenberg in die Ecke des ungeliebten Exilanten zu stellen, könnte sich für das Zeman-Lager am Ende rächen. „Seinen Stammwählern gefällt das sehr, aber auch nur seinen Wählern“, meint Alexandr Mitrofanov, Kommentator der linken Zeitung „Pravo“. Zemans harsche Töne könnten Unterstützer ausgeschiedener Kandidaten abschrecken. „Er hat sich verhalten, wie es seine Art ist – arrogant, ungehobelt, grob und angriffslustig im Stammtisch-Stil“, sagte Mitrofanov.

Die Stichwahl am 25. und 26. Januar bietet bis zuletzt viel Nervenkitzel. Meinungsforscher der Agentur ppm factum sehen den linken Ex-Regierungschef (1998-2002) Zeman mit 53,7 Prozent vorn. Doch Schwarzenberg bekam zuletzt Rückenwind von Prominenten wie dem Sänger Karel Gott (73): „Ich habe mich für einen Bewerber entschieden, der im Ausland ein gutes Image hat“, erklärte der Schlagerstar. Und Prager Jugendliche reißen sich um Schwarzenberg-T-Shirts – sie schreien in grellem Pink „Karel is not dead“.